Was Hättest Du Getan, Wenn Du Gekonnt Hättest
Was hättest du getan, wenn du gekonnt hättest?

Es ist eine der Fragen, die sich leise und doch unnachgiebig in deinem Hinterkopf festsetzt, wie ein Lied, das du einmal gehört hast und nicht loswirst. An einem regnerischen Nachmittag, als die grauen Wolken schwer über dem Horizont hängen und der Duft von nassem Asphalt in die Nase steigt, denkst du über jene Entscheidung nach, die du nie getroffen hast. Ein Augenblick, der so vertraut wie fremd erscheint – eine Erinnerung an etwas, das nie war.

Du stehst in einem alten Haus, dessen Wände Geschichten flüstern. Die Holzdielen unter deinen Füßen knarzen leise bei jedem Schritt. Ein leicht muffiger Geruch von alten Büchern, Leder und vergilbtem Papier füllt den Raum – ein Ort, der zugleich Zuflucht und Gefängnis ist. Vor dir stehen Regale, voll mit Büchern aus längst vergessenen Zeiten, Geschichten von Menschen, die sich entschieden haben, ihren Weg zu gehen. Ihre Gesichter sind dir unbekannt, und doch spürst du, wie ihre Blicke dich durch die verstaubten Buchrücken hindurch zu beobachten scheinen.

In der Ecke des Raums ein Spiegel. Er ist groß und alt, der Rahmen aus schwerem Eichenholz geschnitzt, mit feinen, abgewetzten Verzierungen an den Rändern. Du näherst dich und schaust hinein. Dort stehst du – und zugleich jemand anderes. Dein Gesicht wirkt so klar und scharf im Spiegelbild, als könnte es aus Marmor gemeißelt sein. Deine Augen sind ernst, die Linien um deinen Mund erzählen von einem Leben, das du geführt hast, und vielleicht auch von jenem Leben, das du nicht gewählt hast.

Deine Kleidung ist einfach, aber stilvoll – ein dunkler Pullover, eine schlichte Hose, robuste Lederschuhe. Nichts, das auf den ersten Blick Aufmerksamkeit erregt, aber doch genug, um dich als jemand zu erkennen, der in sich ruht. Du atmest tief ein und spürst, wie die Schwere der verpassten Chancen auf deinen Schultern liegt. Es ist dieser Moment, der dich zurückführt – zu der Entscheidung, die du nie getroffen hast.

Die Entscheidung, deinen eigenen Weg zu gehen.

Vor Jahren standest du an einem Scheideweg, vielleicht damals in einer fremden Stadt, deren Straßen dir fremd und aufregend zugleich vorkamen. Der Wind trug den Duft von Salz und Freiheit mit sich, eine Verheißung auf das, was hätte sein können. Du hast damals die Möglichkeit gespürt, auszubrechen, alles hinter dir zu lassen und in ein Leben zu springen, das ungewiss, ja vielleicht sogar gefährlich war. Doch du hast dich zurückgehalten. Es war die Stimme der Vernunft, die dich zurückrief, die dich an Sicherheit und Vertrautheit erinnerte, an das Leben, das du kanntest und das dir vertraut war.

Heute fragst du dich, was aus dir geworden wäre, wenn du damals den Mut gehabt hättest, dich gegen diese Stimme zu stellen. Vielleicht wärst du irgendwo an einem Ort, der so anders ist als die engen Gassen deiner Kindheit. Vielleicht würdest du auf einer Terrasse über dem Mittelmeer sitzen, der Blick verloren im unendlichen Blau des Himmels, und ein Glas Wein in der Hand halten. Die Sonne würde warm auf dein Gesicht scheinen, und ein sanfter Wind würde dir durch das Haar fahren. Ein Hauch von Zitrus und Salz würde in der Luft liegen, und in deinem Herzen wäre diese Ruhe, die nur die kennen, die sich für das Unbekannte entschieden haben.

Aber es kam anders. Du bist geblieben, hast den sicheren Weg gewählt. Die Jahre vergingen, wie sie es immer tun, langsam und doch schneller, als du es je für möglich gehalten hättest. Und nun, in diesem Raum voller Erinnerungen und Möglichkeiten, merkst du, wie dein Herz schwer wird. Es ist kein offener Schmerz, keine Wunde, die blutet. Es ist eine leise, beständige Traurigkeit, die sich in deinem Inneren eingenistet hat – die Sehnsucht nach einem Leben, das du nie gelebt hast.

Draußen beginnt es zu regnen. Das Klopfen der Regentropfen gegen die Scheiben klingt wie das Echo eines weit entfernten Herzschlags, langsam und doch unaufhaltsam. Du lässt den Blick durch den Raum schweifen, siehst die alten Möbel, die staubigen Regale und die vergilbten Fotos an den Wänden. Gesichter blicken dir entgegen – Menschen, die gelebt haben, Menschen, die sich entschieden haben. Ihre Augen sind stumm und doch voller Geschichten.

Und du? Du fragst dich, ob du irgendwann, in einer fernen Zukunft, ebenfalls als stummes Gesicht an einer Wand enden wirst, als ein Bild, das andere anblickt und von dem sie sich fragen, was wohl in deinem Leben wichtig war. Wird jemand in deinen Augen die verpassten Entscheidungen sehen? Oder werden sie nur den Frieden wahrnehmen, den du dir selbst vielleicht nie eingestehen konntest?

Es ist ein seltsames Gefühl, bereuen zu müssen, was nie war. Eine Entscheidung, die du nie getroffen hast und die dir dennoch so nahegeht, als hättest du sie gestern erst fallen lassen. Wie ein Lied, das nie gesungen wurde, wie ein Buch, das nie geschrieben wurde. Diese verpasste Chance – sie lebt in dir, als Schatten deiner selbst, ein stummer Begleiter, der dich an jenes Leben erinnert, das du nie führen wirst.

Du verlässt den Raum, gehst hinaus in den Regen. Der Wind ist kühl, und die Tropfen prickeln auf deiner Haut. Die Straße vor dir ist leer, das Pflaster glänzt im fahlen Licht der Laternen. Du ziehst den Kragen deiner Jacke höher und gehst weiter, Schritt für Schritt, als könntest du der Vergangenheit entfliehen, als könnte der Regen die Erinnerungen fortspülen.

Aber tief in deinem Herzen weißt du, dass die Frage bleibt. Was hättest du getan, wenn du gekonnt hättest? Und in diesem Gedanken findest du eine seltsame, bittersüße Erkenntnis. Vielleicht ist es nicht zu spät. Vielleicht gibt es immer noch Wege, Entscheidungen, die du treffen kannst – für ein Leben, das dir gehört, für einen Traum, der noch lebt.

Zitat am Ende: „Nicht die Entscheidungen, die wir treffen, sondern die, die wir nicht treffen, prägen unser Schicksal.“

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