Klarheit besiegt rohe Kraft im Denken

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Klarheit besiegt rohe Kraft im Denken

Die Sonne über Douz, Tunesien, taucht die Sanddünen in ein goldenes Licht, als Meryem Zaouali, Rohrleitungsmonteurn für Offshore-Anlagen, aus dem klimatisierten Expeditionsbus steigt. Ihre Arbeitskleidung – ein technisches Kurzarm-Shirt in Korallenrot und eine robuste Cargohose in Sand – hat sie gegen einen leichten Baumwollpullover in Dunkelgrau ausgetauscht. In der Hand hält sie einen dampfenden Minztee, ein süßes Ritual, das hier im Süden Tunesiens zum Leben gehört wie der Wind zur Wüste. Seit drei Tagen ist sie auf dieser Wüstenexpedition, die sie zu den legendären Star-Wars-Filmsets in Matmata führen wird – doch was sie wirklich hierhergetrieben hat, ist eine Frage, die ihr seit Monaten keine Ruhe lässt: Warum erreichen manche Menschen ihre Ziele mit scheinbarer Leichtigkeit, während andere trotz enormer Anstrengung scheitern?

„Kraft allein reicht nicht“, murmelt sie, während der heiße Tee ihre Kehle hinabrinnt. Um sie herum herrscht eine fast surreale Stille. Die Wüste atmet in ihrem eigenen Rhythmus, und die Beduinen, die diese Karawane begleiten, bewegen sich mit einer Ökonomie der Bewegung, die Meryem fasziniert. Kein Schritt zu viel, kein Wort zu viel – und doch kommen sie ans Ziel.

Der Unterschied liegt nicht in den Muskeln

Zwei Wochen zuvor, in ihrer Wohnung in Hamburg-Altona, hatte Meryem einen Stapel ungeöffneter Bewerbungsmappen auf dem Tisch liegen. Sie wollte sich beruflich neu orientieren, weg von den monatelangen Einsätzen auf den Bohrtürmen der Nordsee, hin zu einer leitenden Position in der Projektplanung. Doch jedes Mal, wenn sie anfing, ihre Unterlagen zu sortieren, verfiel sie in eine Art Kampfmodus: Sie arbeitete länger, recherchierte tiefer, wollte perfekte Antworten auf jede nur erdenkliche Frage haben. Am Ende war sie erschöpft – und hatte keinen einzigen Bewerbungsentwurf fertiggestellt.

„Ich habe mich wie ein Hamster im Rad gefühlt“, erzählt sie später einem Mitreisenden, Jorin Metzger, einem Veranstaltungstechniker aus Basel. Jorin ist Mitte dreißig, trägt ein verwaschenes Shirt in Olivgrün und hat die entspannte Ausstrahlung eines Menschen, der seine Prioritäten klar gesetzt hat. „Wir verwechseln Anstrengung mit Fortschritt“, sagt er und nippt an seinem eigenen Glas Tee. „Die größten Gewinner sind nicht die, die am härtesten schuften. Es sind die, die am klarsten denken.“

Diese Worte hallen in Meryem nach, während sie durch den feinen Sand läuft. Die Wüste rund um Douz ist ein Ort der Reduktion – kein Überfluss, keine Ablenkung, nur das Wesentliche. Genau diese Klarheit fehlt ihr im Alltag.

Die Falle der harten Arbeit

Viele Menschen glauben, dass Erfolg eine direkte Funktion von Arbeitsstunden ist. Sie denken: Wenn ich nur mehr tue, mehr Energie investiere, mehr Überstunden mache, dann muss der Durchbruch kommen. Doch die Realität zeigt ein anderes Bild. Es gibt unzählige Beispiele von Personen, die jahrelang hart arbeiten und trotzdem auf der Stelle treten – während andere mit scheinbar weniger Einsatz deutlich schneller vorankommen.

Der Kern dieser Diskrepanz liegt nicht in der Intensität der Anstrengung, sondern in der Qualität der Entscheidungen. Sieger sind nicht Menschen, die mehr schwitzen oder länger wach bleiben. Sieger sind Menschen, die in entscheidenden Momenten klarer denken.

• Entscheidungsklarheit: Sie wissen, welche Schritte wirklich zählen und welche nur Zeitverschwendung sind.
• Prioritätensetzung: Sie konzentrieren sich auf das, was den größten Hebel hat, statt alles gleichzeitig anzugehen.
• Emotionale Distanz: Sie lassen sich nicht von Panik, Zweifeln oder dem Bedürfnis nach Perfektion lähmen.
• Systemisches Denken: Sie erkennen Muster und Zusammenhänge, statt nur reaktiv zu handeln.

Ein Moment der Erkenntnis in der Wüste

Am dritten Tag der Expedition erreicht die Gruppe Matmata. Die unterirdischen Höhlenwohnungen, die einst als Kulisse für Lukes Heimat Tatooine dienten, liegen verstreut in der kargen Landschaft. Meryem steht vor einem der Eingänge und spürt die kühle Luft, die aus der Tiefe aufsteigt. Hier haben Menschen seit Jahrhunderten gelebt – nicht durch rohe Kraft, sondern durch Anpassung, durch Cleverness, durch das Nutzen natürlicher Gegebenheiten.

Jorin steht neben ihr. „Siehst du das?“, fragt er und deutet auf die Architektur. „Die Leute hier haben nicht gegen die Hitze gekämpft. Sie haben die Erde genutzt, um sich zu schützen. Das ist intelligente Problemlösung.“

In diesem Moment versteht Meryem: Ihre monatelange Bewerbungsangst war nichts anderes als ein Kampf gegen sich selbst. Sie hatte versucht, durch schiere Willenskraft perfekt zu werden – statt sich zu fragen, was wirklich nötig ist. Sie hatte sich in Details verloren, statt die wesentlichen Fragen zu klären: Was will ich wirklich? Welche Position passt zu meinen Stärken? Welche drei Firmen sind die richtigen Ansprechpartner?

Die Mechanismen klaren Denkens

Zurück in Hamburg, drei Wochen nach der Wüstenreise, sitzt Meryem an ihrem Schreibtisch. Aber diesmal ist alles anders. Statt sich durch Berge von Stellenanzeigen zu wühlen, hat sie eine einfache Liste vor sich liegen: Drei Unternehmen, drei konkrete Positionen, drei Gründe, warum sie jeweils passen. Sie hat ihre Bewerbungsunterlagen auf das Wesentliche reduziert – keine ausschweifenden Romane, sondern klare Botschaften. Innerhalb von zwei Wochen hat sie drei Einladungen zu Vorstellungsgesprächen.

Was hat sich verändert? Nicht ihre Fähigkeiten. Nicht ihre Erfahrung. Nur ihre Denkweise.

Klares Denken bedeutet, die richtigen Fragen zu stellen:

• Welches Problem löse ich gerade wirklich?
• Was ist der kürzeste Weg zum Ziel?
• Welche Informationen brauche ich wirklich – und welche sind nur Ballast?
• Wo verwechsle ich Aktivität mit Fortschritt?

Diese Fragen zwingen dich, innezuhalten. Sie bremsen den Reflex, einfach loszulegen und „etwas zu tun“. Und genau diese Pause ist entscheidend.

Warum wir uns selbst im Weg stehen

Menschen sind evolutionär darauf programmiert, auf Bedrohungen mit Aktion zu reagieren. Wenn unsere Vorfahren einem Raubtier begegneten, war Nachdenken gefährlich – Handeln war überlebenswichtig. Doch in der modernen Welt sind die meisten Herausforderungen keine akuten Bedrohungen. Sie erfordern Analyse, Planung und strategisches Denken.

Trotzdem verfallen wir in alte Muster: Wir spüren Druck und reagieren mit hektischer Aktivität. Wir fühlen uns unsicher und kompensieren durch Perfektionismus. Wir haben Angst vor dem Scheitern und vermeiden deshalb klare Entscheidungen.

Ein Beispiel aus Norwegen

Betrachten wir Lars-Erik Holmberg, einen Notfallsanitäter aus Bergen. Lars-Erik war jahrelang im Rettungsdienst tätig, fühlte sich aber zunehmend ausgebrannt. Er wollte in die Ausbildung von Rettungskräften wechseln – doch jedes Mal, wenn er einen Anlauf nahm, endete es in Frustration. Er las Dutzende Fachbücher, nahm an unzähligen Fortbildungen teil, erstellte detaillierte Konzepte für Trainingsprogramme. Und doch kam er nicht voran.

Der Durchbruch kam, als ein Kollege ihn fragte: „Was willst du eigentlich wirklich?“ Lars-Erik stockte. Er hatte sich so sehr in die technischen Details vergraben, dass er das große Bild aus den Augen verloren hatte. Seine eigentliche Motivation war nicht, das perfekteste Ausbildungsprogramm zu entwickeln – sondern jüngeren Kolleginnen und Kollegen zu helfen, die Fehler zu vermeiden, die er selbst gemacht hatte.

Mit dieser Klarheit war der Weg plötzlich einfach: Er kontaktierte die Ausbildungsleitung, bot an, ein Mentoringprogramm zu starten, und erhielt innerhalb von Wochen grünes Licht. Keine komplexe Strategie, keine monatelange Vorbereitung – nur eine klare Intention und ein direkter Schritt.

Die Tabelle der Gewinner-Qualitäten

Eigenschaft	Der „harte Arbeiter“	Der klare Denker
Fokus	Tut viel gleichzeitig	Konzentriert sich auf das Wesentliche
Entscheidung	Zögert, will alle Optionen prüfen	Entscheidet schnell auf Basis klarer Kriterien
Energie	Erschöpft durch Daueraktivität	Erholt durch strategische Pausen
Risiko	Vermeidet Fehler um jeden Preis	Akzeptiert Fehler als Lernchance
Zielsetzung	Vage, oft wechselnd	Präzise, gut durchdacht

Praktische Übung: Der Wüsten-Test

Stell dir vor, du bist in der Wüste. Du hast nur eine begrenzte Menge Wasser und musst eine Oase erreichen, die irgendwo am Horizont liegt. Was tust du?

Der Impuls vieler Menschen wäre: sofort loslaufen, schnell sein, keine Zeit verlieren. Doch ein erfahrener Wüstenwanderer würde anders handeln:

1. Orientierung: Wo genau ist die Oase? Gibt es Landmarken?
2. Ressourcen: Wie viel Wasser habe ich? Wie weit komme ich damit?
3. Tageszeit: Wann ist die Hitze am geringsten?
4. Plan B: Was, wenn ich die Oase nicht finde?

Erst nach dieser Analyse würde er den ersten Schritt machen – aber dann mit Gewissheit.

Übertrage dieses Prinzip auf dein Leben: Bevor du in blinden Aktionismus verfällst, halte inne und kläre die Lage. Was ist dein Ziel? Welche Ressourcen hast du? Was ist der beste Zeitpunkt? Was ist dein Backup-Plan?

Reflexionsfrage

Welche Aufgabe in deinem Leben fühlst du gerade wie einen Kampf an? Und wenn du ehrlich bist: Kämpfst du gegen das Problem – oder gegen deine eigene Unklarheit?

Mini-Challenge

Nimm dir heute Abend zehn Minuten Zeit. Schreibe eine Liste mit allen Projekten, die du gerade verfolgst. Dann streiche alles durch, was nicht zu deinen drei wichtigsten Zielen beiträgt. Sei radikal. Klarheit entsteht durch Weglassen.

Die Kunst der Reduktion

Zurück zu Meryem. Sechs Monate nach ihrer Rückkehr aus Tunesien hat sie ihre neue Position angetreten: Projektleiterin für Offshore-Windparks in der Nordsee. Sie arbeitet nicht mehr oder härter als zuvor – aber sie arbeitet gezielter. Ihre größte Lektion aus der Wüste war nicht, dass sie stärker werden musste. Sondern dass sie lernen musste, das Unnötige wegzulassen.

„In Douz gibt es keine Ablenkung“, erzählt sie einer Freundin beim Flat White in einem Café in Hamburg-Eppendorf. „Kein Internet, keine ständigen Nachrichten, keine hundert Optionen. Nur Sand, Himmel und die Frage: Wo will ich hin? Das hat mich gezwungen, klar zu denken.“

Trends in der modernen Arbeitswelt

Interessanterweise zeigt sich dieser Fokus auf Klarheit auch in der modernen Arbeitswelt. Immer mehr Unternehmen setzen auf Methoden wie „Deep Work“ – lange Phasen konzentrierter Arbeit ohne Unterbrechung. Andere etablieren „No-Meeting-Tage“, um ihren Mitarbeitenden Raum für strategisches Denken zu geben. Eine aktuelle Beobachtung aus der Managementpraxis zeigt: Teams, die weniger Projekte parallel bearbeiten, aber diese dafür mit voller Konzentration, liefern nicht nur schneller Ergebnisse – die Qualität ist auch signifikant höher.

Die emotionale Komponente

Klares Denken ist nicht nur eine kognitive Fähigkeit – es hat auch eine tiefe emotionale Dimension. Viele Menschen verwechseln Geschäftigkeit mit Selbstwert. Sie glauben, dass sie nur dann wertvoll sind, wenn sie ständig produktiv sind. Doch diese Haltung führt langfristig in die Erschöpfung.

Jorin, der Veranstaltungstechniker aus Basel, hat das früh erkannt. „Ich habe gelernt, Nein zu sagen“, erzählt er, während die Gruppe in einem traditionellen tunesischen Restaurant in Matmata Couscous mit Lammfleisch isst. Das Aroma von Kreuzkümmel und Koriander erfüllt den Raum, und die Gastgeberin serviert ihnen süßen Pfefferminztee in kleinen, verzierten Gläsern. „Nicht aus Faulheit, sondern aus Klarheit. Jedes Ja zu einem Projekt, das nicht zu meinen Zielen passt, ist ein Nein zu etwas Wichtigem.“

Visualisierungsaufgabe

Schließe für einen Moment die Augen. Stell dir vor, du stehst auf einem hohen Berg und blickst über eine weite Landschaft. Jeder Gipfel, den du siehst, ist ein Ziel, das du erreichen möchtest. Doch du kannst nicht alle gleichzeitig besteigen. Welchen Berg wählst du? Warum gerade diesen? Wie fühlt es sich an, diese Entscheidung zu treffen?

Der Weg nach vorn

Am Ende ihrer Reise sitzt Meryem am Rand einer Düne und beobachtet den Sonnenuntergang über der Wüste. Die Farben – von tiefem Orange bis zu sanftem Violett – scheinen den Himmel in Brand zu setzen. Neben ihr liegen ihre Notizen: keine seitenlangen Pläne mehr, sondern klare, einfache Sätze. Ihre drei Hauptziele. Die drei größten Hindernisse. Die drei nächsten Schritte.

„Sieger sind nicht die Stärksten“, schreibt sie in ihr Tagebuch. „Sie sind die Klarsten.“

Diese Erkenntnis ist nicht neu. Aber sie wird in unserer hektischen, überladenen Welt oft vergessen. Wir leben in einer Zeit, in der Informationen im Überfluss vorhanden sind, in der jede Sekunde neue Optionen auf uns einprasseln. Doch gerade deshalb ist Klarheit die wertvollste Ressource.

Tipp des Tages

Nimm dir jeden Morgen fünf Minuten, bevor du dein Smartphone einschaltest. Frage dich: Was ist heute wirklich wichtig? Was würde, wenn ich es erreiche, alles andere leichter machen? Schreibe diese eine Sache auf – und beginne deinen Tag damit.

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Über mich – Andreas Schulze

Ich bin Andreas Schulze, Schriftsteller und Autor zahlreicher Bücher über persönliche Entwicklung, Motivation und Bewusstsein. Seit mehr als vier Jahrzehnten beschäftige ich mich mit den Fragen, was Menschen antreibt, wie Veränderung entsteht und welche inneren Haltungen persönliches Wachstum ermöglichen.

Meine Arbeit basiert auf praktischer Erfahrung, ergänzt durch kontinuierliche Weiterbildung und den offenen Austausch mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Lebensbereichen – von Unternehmern und Führungskräften über Künstler bis hin zu Handwerkern und Angestellten. Diese Gespräche und Beobachtungen prägen mein Verständnis von Erfolg und Selbstwirksamkeit weit mehr als theoretische Modelle es könnten.

Seit über 20 Jahren führe ich Interviews und Dialoge mit Menschen weltweit. Heute geschieht das meist digital – über Plattformen wie Zoom oder Microsoft Teams – unterstützt durch moderne Übersetzungs- und Transkriptionstechnologien. So entstehen Begegnungen über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg, in denen Erfahrungen, Einsichten und Lebenswege geteilt werden.

Das Wissen aus dieser langjährigen Arbeit fließt in meine Bücher, Blogbeiträge und Coachings auf Erfolgsebook.com ein. Dabei geht es nicht um abstrakte Theorien, sondern um praktische Ansätze, die helfen, das eigene Denken zu reflektieren, Entscheidungen bewusster zu treffen und den eigenen Weg klarer zu gestalten.

Ich sehe meine Aufgabe darin, Beobachtungen, Erkenntnisse und Erfahrungen so aufzubereiten, dass sie für andere nutzbar werden – als Impulse für mehr Klarheit, Selbstbestimmung und innere Stärke.

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