Kapitel 98: Der Atem der Ewigkeit

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Lesedauer 4 Minuten

Kapitel 98: Der Atem der Ewigkeit

Die Morgenröte, die Culloden erhellte, war eine kurze Ruhepause im immerwährenden Tanz der Zeit. Lyra spürte das vertraute Kribbeln, als ihr Artefakt – nun ein schimmerndes Amulett in Form eines blauen Kristalls – pulsierend Wärme abstrahlte. Die Gefährten wussten, dass die Zeit keine Gnade kannte.

Kai blickte in die Ferne, wo Nebel über den schottischen Highlands lag. „Also, wohin diesmal?“, fragte er mit einem Hauch von Sarkasmus, doch in seinen Augen lag Aufbruchsstimmung.

Lyra hielt das Artefakt hoch, und ein schwacher Lichtstrahl fiel auf die Gesichter ihrer Gefährten. Myria Dunkelmond, deren Augen wie der schwebende Nebel wirkten, trat vor. „Ich spüre, dass unsere nächste Reise uns tiefer in die Vergangenheit führt – und zu einem Krieg, der die Welt selbst geformt hat.“

Ein Ruck, ein blendendes Licht – und die Welt wandelte sich erneut.

Das Herz der Plage: Europa, 1347

Sie fanden sich auf den gepflasterten Straßen eines mittelalterlichen Dorfes wieder, das von Schreien und Trauer erfüllt war. Der Gestank von Verwesung lag in der Luft. Um sie herum trugen Menschen Lumpen, während sie in fieberhaften Bewegungen Heu verbrannten. Über allem ragte eine prächtige, halbzerfallene Kathedrale empor, die einst ein Ort des Trostes gewesen sein musste.

„Die Pest“, flüsterte Solan, der Historiker, während er sich ein Tuch vors Gesicht band. „Der Schwarze Tod.“

Kai ließ seinen Blick über die Straßen schweifen. „Wir waren hier schon einmal… aber nicht so. Es war heller, lebendiger. Jetzt wirkt es, als hätte die Dunkelheit alles verschluckt.“

Lyra stieß die Tür eines Wirtshauses auf, das halb verlassen war. Drinnen begegneten sie einem alten Mann, dessen zitternde Hände ein Bündel Pergamente hielten. „Ihr seid Fremde… aber ich spüre, dass ihr helfen könnt“, murmelte er. „Die Pest… sie ist nicht nur eine Strafe Gottes. Etwas Dunkleres wandelt in den Schatten.“

In den Katakomben unter dem Dorf fanden sie die Antwort: ein Kult, der die Finsternis anrief, um Macht aus dem Leid der Seuche zu schöpfen. Mit vereinten Kräften und den Fähigkeiten ihrer Gefährten – Myrias Nebel, Siras Verwandlung in einen Wolf und Lyras Artefakt, das einen leuchtenden Schutzschild formte – zerstörten sie den dunklen Nexus. Die Pest selbst konnte nicht gestoppt werden, aber die Zeitlinie wurde bewahrt.

Om 25

Das Blut der Eroberung: England, 1066

Noch bevor sie die dampfenden Katakomben verließen, zog sie die Zeit erneut fort. Sie landeten am Rand einer weiten Ebene. Über ihnen wehten Banner mit goldenen Drachen, und der Boden bebte unter den Schritten einer Armee.

„Die Schlacht bei Hastings“, stellte Solan fest. „Wilhelm der Eroberer.“

Die Gefährten hatten diesen Moment bereits einmal besucht, doch diesmal schien die Szenerie verändert. Eine mysteriöse Figur in glänzender Rüstung, die sich selbst Ardyn, der Schattenherr nannte, hatte sich Williams Armee angeschlossen. Lyra, Kai und Solan erkannten schnell, dass diese fremde Figur nichts Gutes bedeutete.

„Er beeinflusst den Verlauf der Schlacht“, erklärte Seraphine Veyra, deren Visionen einen verzerrten Sieg des Hauses der Sachsen zeigten. „Wenn wir ihn nicht aufhalten, zerbricht die Zeitlinie.“

Mit List und Kampf mischten sie sich in die Armee, wobei Kai als Überlebenskünstler einen Posten im Versorgungslager fand und Myria Dunkelmond die Sicht der Feinde mit dichtem Nebel blockierte. Schließlich standen sie Ardyn gegenüber, dessen Macht direkt mit einem schimmernden Siegelring verbunden war. Mit vereinten Kräften zerstörten sie das Artefakt, und die Geschichte nahm ihren natürlichen Verlauf.

Die Asche von Paris: 1793

Als nächstes fanden sie sich im Paris der Französischen Revolution wieder. Die Guillotine thronte erneut über dem Place de la Révolution, doch diesmal waren es keine Schreie von Angst, sondern Rufe des Jubels, die die Luft erfüllten. Über allem prangte ein Banner mit dem Gesicht Napoleons, doch etwas stimmte nicht.

„Das ist nicht, wie es hätte sein sollen“, murmelte Lyra, während sie ihre Umgebung beobachtete. Die Menschen trugen rote Bänder um ihre Handgelenke – ein Zeichen, wie sich herausstellte, dass sie unter der Kontrolle eines anderen Artefakts standen, das von einem mysteriösen General namens „Marceau der Verdammte“ benutzt wurde.

Die Gefährten nutzten die Katakomben erneut als ihren Unterschlupf. Dort schmiedeten sie Pläne, um Napoleons Armee in einem finalen Showdown zu unterstützen. Solan lieferte historische Details über die Schwächen von Marceaus Streitkräften, während Lyra und Selena Arinthal Lichtillusionen einsetzten, um die französischen Truppen zu motivieren.

Ein Schwur für die Ewigkeit

Nach jedem Kampf, jeder Epoche, kehrten sie auf eine seltsame Art verändert zurück. Ihre Kleidung, ihre Waffen und sogar ihr Artefakt passten sich den Zeiten an, doch ihre Einheit blieb bestehen. Die Veränderungen in der Geschichte zeigten sich immer subtiler: eine verschobene Flagge, ein neues Gesicht auf einer Münze oder ein Lied, das sie zuvor nie gehört hatten.

Während sie erneut durch die Ströme der Zeit gezogen wurden, spürten sie, dass ihre Reise noch lange nicht vorbei war. Lyra sah zu Kai, dessen Grinsen selbst in den dunkelsten Momenten nicht erlosch, und zu Solan, der stets ein Auge auf die Wahrheit der Geschichte warf.

„Es spielt keine Rolle, wo wir enden“, sagte Lyra, während die Zeit um sie herum zu flimmern begann. „Solange wir zusammen sind, werden wir alles bewältigen.“

Ihre Reise ging weiter – durch Zeiten von Piraten und Entdeckern, durch die Schrecken des Mittelalters, die Pracht der Renaissance, die Schlachten der Moderne und die Geheimnisse der Götter. Gemeinsam waren sie unaufhaltbar.

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