Kapitel 86: Der Sturm der Epochen

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Lesedauer 4 Minuten

Kapitel 86: Der Sturm der Epochen

Der Kriegshorizont in der Ferne schien sich zu verdoppeln, als ob der Himmel selbst zerrissen worden wäre und die Welt in zwei Hälften geteilt war. Doch der Ruf, der sie in diese neue Epoche geführt hatte, hallte tief in ihren Seelen wider. Kai, Lyra, Solan und die anderen Gefährten standen an der Schwelle eines neuen Krieges, eines neuen Zeitpunkts – und der Druck, den die Geschichte auf ihre Schultern ausübte, war greifbar.

„Wir sind noch immer in der Vergangenheit“, sagte Solan, als er das Schlachtfeld von Hannibal hinter sich ließ. Der Boden war von der Zeit selbst gezeichnet, doch der Wind trug einen Hauch von Vertrautem – als ob die Zeitenwellen sie ein weiteres Mal zurückführten, aber dieses Mal war es anders. „Die Geschichte hat uns hierher geführt, aber jetzt –“ Er sah sich um, „– sie ist nicht mehr die gleiche.“

Lyra nickte und blickte auf ihr Armband. Es hatte sich in diesem Moment verändert, wie ein kleines Artefakt der Geschichte, das sich unmerklich an die Gegebenheiten der Zeit anpasste. Sie spürte die Macht, die es in sich trug, und der Gedanke an die kommenden Herausforderungen ließ sie aufatmen. „Wir müssen uns darauf einstellen“, sagte sie. „Die Epochen verändern sich schneller als wir, und wenn wir nicht aufpassen, verlieren wir uns in diesen Wellen.“

„Du hast recht“, sagte Kai und blickte zu den anderen, „aber das bedeutet nicht, dass wir den Kampf aufgeben. Wer weiß, was uns als Nächstes erwartet. Die Zeit hat ihre eigene Logik, und wir können nur hoffen, dass wir das letzte Stück des Puzzles finden.“

Om 25

„Kommt mit“, sagte Sira Valeris, ihre Augen funkelten in einer intensiven Klarheit. Sie hatte ihre Form bereits gewechselt und sich in den schillernden Adler verwandelt, der mit den Winden spielte. „Ich spüre etwas, etwas… anders. Etwas, das uns weiterführt.“

Mit Sira an der Spitze gingen sie weiter, die Luft schien sich immer dichter um sie herum zu ziehen, als die Zeitenwellen sie erneut riefen. Der Nebel, der sie zuvor umhüllt hatte, legte sich wie ein Schleier über den Boden, während sie sich weiter durch die Jahrhunderte bewegten.

Der nächste Abschnitt ihrer Reise führte sie in die dunklen Tage des frühen Mittelalters, ins Jahr 1066. Der Himmel, nun von Wolken verhangen, verdunkelte sich, und das Geräusch von Schwertkämpfen, Hufgetrampel und Kriegshörnern drang an ihre Ohren. Es war die Zeit der Normannen und Angelsachsen, und die erste große Schlacht der englischen Geschichte würde bald beginnen: die Schlacht von Hastings.

„Wir sind wieder in der Nähe von England“, sagte Solan und blätterte schnell durch seine Schrifttafel. „Das Jahr 1066, eine der entscheidendsten Schlachten der englischen Geschichte. William der Eroberer gegen König Harold. Es wird ein blutiges Gemetzel sein, das den Verlauf Europas für immer verändern wird.“

Kai zog sein Schwert, und Lyra legte die Hand auf ihren Armband. Es fühlte sich vertraut an, aber auch neu. Ihre Ausrüstung hatte sich verändert, ihre Rüstungen waren nun in den kräftigen, mit Drachen verzierten Stahl der Normannen gehüllt. Auch ihre Waffen hatten sich angepasst – Lyra trug nun ein schweres, rundes Schild mit dem Wappen eines Adlers, und Kai hatte einen Speer, der in der Sonne glänzte.

„Es ist der Beginn einer neuen Ära“, sagte sie, „aber der Weg zum Sieg wird steinig sein.“

Sie traten in das Chaos der Schlacht, wo sich die Normannen in Formation aufstellten, bereit, die englischen Reihen zu brechen. Die Erde bebte unter den unzähligen Hufen und dem Donner der Schwerter. Die Luft war gesättigt mit dem Geruch von Metall, Blut und Rauch.

„Haltet euch zusammen!“, rief Solan. „Wir sind nicht hier, um diese Schlacht zu gewinnen, sondern um ein weiteres Stück der Geschichte zu verstehen. Der wahre Kampf liegt im Verborgenen.“

Die Gefährten kämpften sich durch die Reihen der Soldaten, ihre Bewegungen blitzschnell, als die Epochen wie Wellen um sie heranbrachen. Sie hatten sich bereits in der Vergangenheit verändert, ihre Formen waren zu den Kriegern geworden, die sie in diesem Moment darstellten.

„Wir sind nicht die Einzigen, die hier sind“, sagte Myria Dunkelmond, die die Nebel der Schlacht kontrollierte. „Die Nebel verbergen etwas Größeres – und wir müssen uns ihm stellen.“

Die Zeit wendete sich erneut, und das Schlachtfeld von Hastings verschwand hinter ihnen, während sie sich in eine andere Ära begaben. Diese Reise führte sie weiter durch die Jahrhunderte, und bald fanden sie sich im Jahr 1214 wieder, mitten im Kampf zwischen Richard Löwenherz und den französischen Truppen des Königs Philipp II. In dieser Zeit, so wusste Solan, waren die Schicksale von Königreich und Land noch nicht entschieden.

„Jetzt“, sagte Seraphine Veyra, „kommt der entscheidende Moment. Wir sind an einem Wendepunkt angekommen, an dem die Kräfte der Geschichte wie nie zuvor kollidieren.“

Lyra, Kai und die anderen sahen sich an, als sie auf das Schlachtfeld starrten, auf dem die französischen Truppen und die englischen Ritter bereits miteinander kämpften. Doch etwas war anders. Etwas, das sie nicht erwartet hatten.

„Es sind die Götter, die uns beobachten“, sagte Lyra, und ihre Stimme klang wie ein fernes Echo. „Die Macht der alten Krieger ist nicht nur in den Menschen – sie lebt auch in den Göttern der Geschichte.“

„Wir müssen uns ihnen stellen“, sagte Sira, während sie sich in einen Wolf verwandelte, um die feindlichen Reihen zu durchbrechen.

Die Zeit hatte sich verändert, aber die Gefährten blieben unaufhaltsam. Ihre Reisen durch die Geschichte nahmen sie von einem Konflikt zum nächsten – von den Kreuzzügen über die französischen Kriege bis hin zu den Schlachten der großen Weltkriege.

Doch jeder Ort, den sie betraten, war ein Echo der Vergangenheit – und doch hatte sich alles verändert. Die Städte, die sie einst besucht hatten, waren nicht mehr dieselben. Die Mauern von Konstantinopel standen nicht mehr, die Ruinen von Rom hatten eine andere Ausstrahlung, und das alte Jerusalem hatte sich in eine neue Zeit geworfen.

„Es ist, als ob die Geschichte uns mit sich zieht“, sagte Selena Arinthal, die Lichtweberin. „Und wir müssen herausfinden, wie wir das Licht der Zukunft in diesen Kämpfen finden.“

Ihre Reise war noch lange nicht zu Ende, und während sie weiter durch die Zeit reisten, wurden ihre Verbündeten immer mehr, und die Feinde immer zahlreicher. Aber die Gefährten wussten, dass sie einen entscheidenden Punkt erreicht hatten – der Ruf der Vergangenheit, der sie so weit geführt hatte, würde sie letztlich zum wahren Ziel führen.

„Wir sind nicht nur Reisende der Zeit“, sagte Lyra, ihre Augen funkelten vor Entschlossenheit. „Wir sind die, die Geschichte neu schreiben. Und das ist unser Weg.“

Mit dieser Entschlossenheit im Herzen setzten sie ihre Reise fort, durch die dunklen Epochen und den ewigen Kampf, um die Vergangenheit zu verstehen und die Zukunft zu gestalten. Und der Sturm der Epochen brach mit voller Wucht über sie herein.

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