Kapitel 80: Die Flammen von Alexandria

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Lesedauer 4 Minuten

Kapitel 80: Die Flammen von Alexandria

Die Luft in Alexandria schien vor Spannung zu knistern. Die Gruppe stand am Fuße der großen Bibliothek, deren gewaltige Säulen in den Himmel ragten. Hinter den Mauern der Stadt war das Rauschen der Wellen zu hören, die gegen die Felsen schlugen. Das Licht der untergehenden Sonne tauchte alles in einen goldenen Schimmer, und der Duft von Weihrauch und Myrrhe mischte sich mit dem salzigen Meeresgeruch.

Lyra strich über ihr Amulett, das wie ein inneres Feuer pulsierte, während sie die filigranen Gravuren auf den Mauern der Bibliothek musterte. Die Gravuren wirkten anders als bei ihrem letzten Besuch, vor Jahren in einer anderen Zeitlinie. Damals war die Bibliothek in einem verfallenen Zustand gewesen, doch nun schien sie in ihrer vollen Pracht zu erstrahlen.

„Die Ptolemäer-Zeit,“ flüsterte Solan, der mit ehrfürchtigem Blick die Umgebung scannte. „Das ist das Jahr 48 v. Chr., kurz bevor Alexandria ins Chaos gestürzt wurde. Cäsar wird bald hier sein. Und mit ihm… Kleopatra.“

Kai verschränkte die Arme und musterte die Straßen. „Das erklärt, warum es hier so angespannt ist. Die Römer stehen vor den Toren, und die Stadt wird bald belagert.“

„Aber warum sind wir hier?“ fragte Selena, die Lichtfäden zwischen ihren Fingern spinnen ließ, als wollte sie sich für einen bevorstehenden Kampf wappnen.

„Weil etwas hier nicht stimmt,“ antwortete Seraphine mit geschlossenen Augen. „Die Zeitlinie hat sich wieder verschoben. Die Visionen sind undeutlich, aber ich sehe Feuer, Bücher, und… Mephos.“

Die verschollenen Geheimnisse

Im Inneren der Bibliothek wurde die Stille fast ehrfürchtig. Der Raum war erfüllt von dem sanften Rascheln der Papyrusrollen und dem goldenen Schimmer der Öllampen. Myria ließ einen Schleier aus Nebel zurück, um die Gruppe vor neugierigen Blicken zu schützen, während sie sich tiefer in das Labyrinth der Regale wagten.

„Die Sammlung hier ist unvergleichlich,“ murmelte Solan, der über eine Karte der alten Welt strich. „Diese Aufzeichnungen könnten uns Hinweise geben, warum Mephos diese Epoche beeinflussen will.“

Lyra zog eine alte Schriftrolle hervor, deren Symbole ihr seltsam vertraut vorkamen. „Das ist eine Karte,“ sagte sie nachdenklich. „Aber nicht von dieser Welt. Es zeigt Verbindungen zu einer inneren Sphäre…“

Om 25

„Die Innere Welt,“ unterbrach Kai sie. „Die Legenden behaupten, dass viele Zivilisationen dorthin geflohen sind, als die Welt, wie wir sie kennen, zusammenbrach.“

Ein scharfer Schrei ließ die Gruppe innehalten. Es war Sira, die in Gestalt eines Falken zurückkehrte und sich in einem sanften Lichtschein zurückverwandelte. „Die Bibliothek ist nicht sicher,“ keuchte sie. „Mephos hat Agenten hier. Und sie brennen Bücher.“

Der Kampf um das Wissen

Die Gruppe eilte durch die Gänge, bis sie in eine große Halle kamen. Dort loderten bereits die Flammen, und dunkle Gestalten – Schattenkrieger – warfen Bücher und Schriftrollen in das Feuer. An ihrer Spitze stand Nyx, deren schwarzes Gewand wie eine zweite Haut wirkte.

„Ihr seid zu spät,“ sagte sie mit einer Stimme, die wie flüsternde Schatten klang. „Dieses Wissen gehört uns jetzt.“

Kai zögerte nicht. Mit einem schnellen Griff zog er ein Schwert, das sich seiner Hand angepasst hatte, und stürzte sich auf die Schattenkrieger. Lyra aktivierte ihr Artefakt, das sich in einen leuchtenden Schild verwandelte, und blockte damit die Angriffe der Feinde.

Selena ließ ein grelles Licht aufblitzen, das die Schattenkrieger kurzzeitig lähmte, während Seraphine mit einer klaren Stimme eine Prophezeiung aussprach: „Die Bücher werden nicht in Vergessenheit geraten. Ihre Worte werden durch die Zeit getragen.“

Während der Kampf tobte, gelang es Myria, einen dichten Nebel zu erzeugen, der die Feinde verwirrte und der Gruppe Deckung bot. Sira, diesmal in der Gestalt eines Tigers, sprang auf Nyx zu und drängte sie zurück.

Doch bevor sie den Sieg erringen konnten, öffnete sich ein Portal, und Mephos trat hervor, sein Gesicht von einem höhnischen Lächeln verzerrt. „Ihr kämpft so hart, um die Vergangenheit zu retten. Aber ihr versteht nicht, dass diese Welt längst verloren ist.“

Ein Pakt mit der Geschichte

Mit einem Ruck zog Mephos eine Kugel hervor, die von dunkler Energie pulsierte. „Das ist der Kern der Zeitlinie,“ erklärte er. „Mit ihm kann ich nicht nur Alexandria, sondern jede Epoche nach meinen Wünschen formen.“

Lyra trat vor, ihre Stimme fest. „Du wirst nicht damit entkommen, Mephos. Diese Welt gehört allen, nicht dir.“

Mephos lachte. „Dann versuch, mich aufzuhalten.“

In diesem Moment sprach Solan eine uralte Formel, die er in den Inschriften des Kalenders im Senat entdeckt hatte. Das Artefakt in Lyras Hand begann zu leuchten, und eine unsichtbare Kraft zog die Gruppe erneut durch die Zeit.

Die Schlacht von Marathon, 490 v. Chr.

Die Welt um sie herum änderte sich, und die Gruppe fand sich auf einem Schlachtfeld wieder. Die Ebene von Marathon erstreckte sich vor ihnen, und Tausende von Soldaten standen bereit, um die persische Armee abzuwehren. Ihre Kleidung hatte sich angepasst: Lyra trug nun eine griechische Chiton, und ihr Artefakt war ein Armband mit eingravierten mythischen Symbolen.

„Die Perser,“ sagte Kai, der bereits die griechischen Linien musterte. „Wir sind mitten in einer der entscheidendsten Schlachten der Geschichte.“

„Und die Zeitlinie ist wieder anders,“ fügte Solan hinzu. „Mephos muss hier sein. Wenn die Griechen verlieren, verändert das alles.“

Die Gruppe bereitete sich auf den nächsten Kampf vor, während am Horizont die ersten Kriegsrufe ertönten.

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