Kapitel 3: Imhotep und die Stufenpyramide des Djoser

Omnifaktum
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Kapitel 3: Imhotep und die Stufenpyramide des Djoser

Das tiefe Grollen des Tempels steigerte sich zu einem ohrenbetäubenden Dröhnen, das die massiven Mauern erzittern ließ. Ein geheimnisvolles Licht pulsierte in regelmäßigen Wellen durch das Mosaik auf dem Boden und spiegelte sich in den unebenen Steinwänden wider. Lyras Herz schlug wie ein entfesselter Trommelwirbel, während das goldene Armband an ihrem Handgelenk plötzlich eine sanfte, beinahe beruhigende Wärme ausstrahlte. Es schien lebendig, als stünde es im Einklang mit der unbändigen Energie, die den Raum erfüllte. Die filigranen Zeichen darauf begannen, rhythmisch aufzuleuchten, als ob sie die Bewegungen des Mosaiks nachahmen würden.

„Es reagiert“, flüsterte Lyra, ihre Stimme war ein leiser Hauch, fast ehrfürchtig. Zögernd machte sie einen Schritt nach vorn, ihre Finger glitten unbewusst über das Armband, dessen glatte Oberfläche sich anfühlte, als wäre es ein Teil von ihr. Das flackernde Licht der Fackeln ließ die goldene Verzierung in einem übernatürlich strahlenden Glanz erleuchten.

Kai stand angespannt, jede Faser seines Körpers bereit, auf Gefahr zu reagieren. Sein Xiphos, ein griechisches Kurzschwert mit perfekt geschliffener Klinge, lag fest in seiner Hand. Die kühle Eleganz der antiken Waffe schien eine stille Warnung an die unsichtbaren Mächte zu senden. „Was auch immer das ist, wir sollten schnell herausfinden, was es bedeutet, bevor wir keine Wahl mehr haben“, sagte er und warf einen skeptischen Blick auf Solan, der das Mosaik intensiv musterte.

„Die Muster bewegen sich“, bemerkte Solan mit ruhiger Stimme, in der jedoch eine subtile Spannung mitschwang. Er trat näher und wies auf die spiralförmigen Linien, die sich langsam, aber stetig in der Mitte des Mosaiks drehten. „Das ist ein Zeitkompass. Diese Linien sind mehr als bloße Verzierung – sie reagieren auf das Artefakt.“

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Aus den Schatten trat die Priesterin, die ihnen bisher gefolgt war. Ihre Augen glühten vor Misstrauen, während sie sich an die Wand drückte, als wolle sie unsichtbar werden. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, das dennoch wie eine Warnung durch den Raum hallte: „Ihr wisst nicht, worauf ihr euch einlasst. Dieser Weg ist nicht nur gefährlich – er ist endgültig.“

Lyra ignorierte die Worte, ihre Neugier überwog jede Vorsicht. Zögernd streckte sie die Hand aus und berührte die leuchtenden Linien des Mosaiks. Ein Schauer intensiver Wärme durchzog ihren Arm, als wäre sie mit einer mächtigen, fremden Kraft verbunden. Gleichzeitig begann das Armband an ihrem Handgelenk im Einklang mit dem pulsierenden Licht des Mosaiks zu vibrieren. Plötzlich durchbrach ein gleißender Lichtstrahl die Dunkelheit und ließ den Raum erbeben. Eine unsichtbare Energie griff nach ihnen, zog sie vorwärts.

Kai reagierte instinktiv. Er packte Lyras Arm, seine Augen weit aufgerissen, eine Mischung aus Entsetzen und Entschlossenheit in seinem Blick. „Was passiert hier?“, rief er gegen das tosende Licht an.

„Es öffnet sich!“, rief Solan, als das Mosaik sich drehte und den Raum in einen Strudel aus Licht und Schatten verwandelte. Die Schwerkraft schien zu verschwinden; ihre Körper wurden schwerelos. Ein Moment, der sich wie eine Ewigkeit anfühlte, verging, bevor sie von der unsichtbaren Macht fortgerissen wurden.

Als sie wieder festen Boden unter den Füßen spürten, umfing sie eine bedrückende Stille. Vor ihnen erhob sich, monumental und zeitlos, die gewaltige Stufenpyramide des Djoser. Die ersten Strahlen der blass goldenen Morgensonne ließen ihre steinernen Umrisse in einem warmen Licht erstrahlen. Der Wüstensand unter ihren Füßen war angenehm warm, und ein Hauch von trockenem Wind trug den erdigen Duft der Wüste zu ihnen. In der Ferne schlängelte sich der Nil, majestätisch und ruhig, durch die flimmernde Landschaft.

„Das ist…“, begann Solan, doch seine Stimme versagte vor Ehrfurcht. Er deutete auf die Pyramide. „Wir befinden uns in der Zeit Imhoteps. Das ist die Ära des Pharaos Djoser.“

Lyra schluckte schwer. Ihre Gedanken überschlugen sich, und sie spürte die Nachwirkungen der Zeitreise noch immer wie ein Echo in ihrem Körper. Ihre Augen wanderten zu dem goldenen Armband, dessen Licht nun auf ein sanftes, mattes Glühen herabgesunken war. „Aber warum genau hier?“, flüsterte sie, mehr zu sich selbst als zu den anderen.

Die Stille wurde durchbrochen, als mehrere Priester in prächtigen Gewändern aus feinem Leinen, durchzogen mit goldenen Fäden, aus den Schatten der Pyramide traten. An ihrer Spitze ging ein Mann mit einer Aura unbestreitbarer Autorität. Sein Gesicht war markant, mit scharf geschnittenen Zügen, doch seine Augen strahlten eine tiefe, alterslose Weisheit aus.

„Ihr seid die Reisenden“, sprach er, seine Stimme war ruhig, aber durchdringend. „Ich bin Imhotep. Ihr seid hier, weil das Omnifaktum es so wollte.“

Kai, immer wachsam, legte die Hand an den Knauf seines Schwertes und knurrte leise: „Was wisst Ihr über das Omnifaktum?“

Imhotep trat näher, die Sonne warf ein goldenes Leuchten auf seine Gestalt. „Das, was ihr sucht, ist mehr als ein Artefakt. Es ist der Schlüssel zur Schöpfung selbst. Doch dieser Schlüssel prüft nicht nur den Mut – er durchleuchtet die Seele.“

Solan, den Blick unverwandt auf Imhotep gerichtet, trat einen Schritt vor. „Wo finden wir dieses Fragment?“, fragte er, seine Stimme klang fordernd.

Ein sanftes, beinahe melancholisches Lächeln umspielte Imhoteps Lippen. „Im Herzen der Pyramide“, sagte er, seine Stimme war ein Flüstern, das dennoch die Schwere von Ewigkeiten trug. „Aber um es zu erlangen, müsst ihr euch der Prüfung des Geistes stellen. Nur die Würdigsten können diesen Weg beschreiten.“

Lyras Augen funkelten vor Entschlossenheit, als sie einen kurzen Blick auf Kai und Solan warf. Mit fester Stimme sagte sie: „Dann führt uns. Wir sind bereit.“

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