Kapitel 19: Der Ruf der Vergangenheit

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Kapitel 19: Der Ruf der Vergangenheit

Der Boden unter ihren Füßen bebte, als das gleißende Licht langsam verblasste und die Landschaft sich veränderte. Der goldene Palast des Xerxes, den sie vor Augen hatten, löste sich in Nebel auf. Was blieb, war eine weite, schier endlose Wüste, die sich bis zum Horizont erstreckte. Doch der Wind brachte eine unheimliche Kälte mit sich, und die Bilder von Persien schimmerten jetzt nur noch wie ein schattenhafter Erinnerungsspalt, der kaum mehr als eine Fata Morgana zu sein schien.

Lyra, Solan und Kai waren von dem Zeitsprung so überwältigt, dass sie sprachlos waren. Ihre Kleidung hatte sich verändert: Lyra trug nun eine robuste Rüstung aus leichten Metallplatten, deren goldene Verzierungen an die prunkvolle Ausstattung antiker Krieger erinnerten. Ihre Waffe, ein elegantes, scharfes Kurzschwert, wirkte in ihren Händen fast wie eine Verlängerung ihrer eigenen Entschlossenheit. Ihr Blick schweifte über die weite, staubige Ebene, die sie umgab.

„Wir sind … in Atlantis“, flüsterte Kai, drehte sich um und betrachtete die Ruinen einer längst vergangenen Zivilisation. „Aber alles ist anders als beim letzten Mal. Irgend etwas stimmt hier nicht.“

Solan betrachtete die Ruinen mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Besorgnis. „Das hier … das ist nicht das Atlantis, das wir kannten“, murmelte er, seine Stimme verschwand im Wind. „Dieser Ort, diese Zeit … sie sind verzerrt. Das Schicksal dieses Reiches hat sich verändert.“

„Das Omnifaktum hat uns hierher geführt, aber nicht, wie wir es erwartet haben“, sagte Lyra nachdenklich, den Blick auf die leeren, vergoldeten Mauern gerichtet. „Etwas muss das Gleichgewicht der Zeit gestört haben.“

Om 25

Plötzlich ertönte ein Ruf, der wie ein Echo durch die Wüste hallte. Eine Gestalt tauchte am Horizont auf, eine imposante Figur, die sich mit einer Geschwindigkeit fortbewegte, die für einem normalen Menschen unmöglich gewesen wäre. Der Mann war groß, seine Bewegungen geschmeidig und voller Autorität, und seine dunkle, reich verzierte Rüstung glänzte im Sonnenlicht.

„Ihr habt den Fluss der Zeit gestört“, rief der Mann, als er näher kam. „Ihr seid nicht die ersten, die hierher gelangt sind, aber ihr werdet die letzten sein, wenn ihr nicht zurückkehrt.“

„Wer bist du?“, fragte Lyra, das Schwert in der Hand, bereit für jede Gefahr, die sich ihnen entgegenstellen könnte.

„Ich bin Aric Darvhan, der Schattenflüsterer“, antwortete der Mann mit einer ruhigen, tiefen Stimme. „Ich bin der Hüter des Schattens, des Ortes, den ihr betreten habt. Atlantis hat mehr Geheimnisse, als ihr begreifen könnt. Und wenn ihr das Gleichgewicht nicht wiederherstellt, wird diese Stadt – und alles, was sie repräsentiert – für immer in den Abgrund stürzen.“

„Gleichgewicht?“, wiederholte Solan, seine Augen verengten sich. „Was meinst du damit?“

„Die Zeit ist ein Netz, das ständig zerrissen wird. Ihr habt den Ring getragen, ihr habt die Macht, den Fluss zu verändern. Aber es gibt Kräfte, die sich dagegen auflehnen“, erklärte Aric. „Die wahre Gefahr liegt nicht in der Vergangenheit oder der Zukunft. Sie liegt in der Tatsache, dass das Schicksal von Atlantis mit der Eroberung der Zeit verwoben ist. Und wenn ihr weitergeht, werdet ihr mehr als nur Atlantis verändern.“

„Wir sind auf einer Reise, die uns zu Antworten führt“, sagte Lyra entschlossen. „Die Welt braucht diese Antworten. Wir können nicht zurück.“

Aric ließ einen kühlen Blick über die Gruppe schweifen. „Dann werdet ihr die Konsequenzen tragen müssen“, warnte er und verschwand in den Schatten, als ob er selbst Teil der Dunkelheit wäre.

„Was hat er gemeint?“, fragte Kai, seine Stirn in Sorgenfalten gelegt.

„Es gibt nur eine Möglichkeit, es herauszufinden“, sagte Lyra entschlossen und steckte das Schwert zurück. „Wir müssen weitergehen. Dieser Ort ist anders, aber er ist nicht weniger wichtig.“

Die Gruppe begann, sich durch die zerstörte Stadt zu bewegen, auf der Suche nach Hinweisen. Die Landschaft war gespenstisch still, und das, was einst eine blühende Zivilisation gewesen war, war nun ein Schatten seiner selbst. Inmitten der Ruinen fanden sie eine alte Steintafel, auf der Symbole eingraviert waren, die wie der Schlüssel zu einem längst vergessenen Geheimnis wirkten.

„Solan, du musst dir das ansehen“, sagte Kai, der das Artefakt entdeckte. Der Historiker trat näher und begann sofort, die Inschriften zu entschlüsseln.

„Es sind Hinweise auf die Legenden von Atlantis, aber sie scheinen verändert worden zu sein“, erklärte er nach einer Weile. „Jemand hat die Geschichte dieser Stadt manipuliert, und wir müssen herausfinden, wer es war.“

„Und warum“, fügte Lyra hinzu, „und was das mit uns und der Zeitenwelle zu tun hat.“

Der Wind blies stärker, und plötzlich fühlte sich der Boden unter ihren Füßen weicher an. Die Ruinen, die sie betrachteten, begannen sich zu verändern. Die goldenen Hieroglyphen wurden lebendig und verflossen in die Steine, als würden sie sich in die Zeit selbst einprägen.

„Es passiert wieder“, sagte Solan, seine Stimme angespannt. „Die Zeit verändert sich. Diese Ruinen… sie sind nicht nure.  GeschichtSie sind eine Warnung.“

„Dann müssen wir die Geheimnisse von Atlantis in uns aufnehmen, bevor sie uns verschlingen“, sagte Lyra entschlossen. „Lass uns weitergehen.“

Die Gruppe begab sich tiefer in die Ruinen von Atlantis. Sie erreichten eine gewaltige Halle, deren Wände mit riesigen Fresken bedeckt waren, die Szenen aus einer längst vergangenen Zeit darstellten. Lyra konnte die Energie der Fresken förmlich spüren. Es war, als ob sie sie in eine andere Realität transportierten.

„Dies ist der Eingang zur inneren Kammer“, erklärte Solan. „Dort müssen wir die Wahrheit über Atlantis finden.“

Gerade als sie sich der Kammer näherten, hörten sie ein Geräusch, als ob der Wind ein tiefes, dunkles Rauschen über das Land trug. Die Dunkelheit begann sich zu verdichten, als eine mächtige, unheimliche Gestalt in der Ferne auftauchte.

„Ihr habt den Ruf der Vergangenheit gehört“, rief die Figur. „Aber ihr werdet nicht die Antworten finden, die ihr sucht. Nicht hier.“

„Dann werden wir es herausfinden müssen, egal, was auf uns zukommt“, sagte Lyra fest.

Mit einem letzten Blick auf die dunkle, sich wandelnde Stadt von Atlantis trat die Gruppe in die Kammer und bereitete sich darauf vor, die Geheimnisse zu entschlüsseln, die weit über ihre Vorstellungskraft hinausgingen.

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