Kapitel 152: Der Kreis der Geschichte

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Lesedauer 4 Minuten

Kapitel 152: Der Kreis der Geschichte

Die sanfte Abenddämmerung senkte sich über die Schlachtfelder Europas, die Luft erfüllt von der bitteren Mischung aus Pulverdampf und Erde. Lyra, Kai und Solan standen inmitten der Stille nach der Schlacht, umgeben von den flimmernden Schatten der Geschichte. Der Wind trug das Flüstern vergangener Epochen, ein Hauch von Tragik und Triumph zugleich.

„Wie oft hat sich dieser Ort wohl in der Zeit verändert?“ murmelte Lyra, die durch die Ruinen einer zerstörten französischen Festung schritt. Ihre Finger strichen über die geborstenen Steine, die von Jahrhunderten des Krieges zeugten. „Wir waren hier, Solan, erinnere dich. Es war anders, aber doch… vertraut.“

„Die Geschichte hat ein Eigenleben, Lyra,“  antwortete Solan, sein Blick durchdringend, während er ein altes Pergament aus seiner Tasche zog. „Die Orte, die wir besuchen, tragen die Narben der Zeit. Und wir sind wie Geister, die durch die Schleier wandern und den Wandel beobachten.“

Kai kniete neben einem zerschmetterten Kanonenrohr, seine Hand ruhte auf dem kalten Metall. „Das ist nicht nur Wandel, Solan. Es ist ein Kampf. Ein ständiges Ringen zwischen Macht, Freiheit und Überleben.“ Er schaute zu den beiden hinüber, sein Blick hart und entschlossen. „Wenn wir den Kreis nicht durchbrechen, bleibt alles nur eine Wiederholung. Und die Schatten der Vergangenheit werden niemals weichen.“

Die Schatten der Pest

Ihre nächste Reise führte die Gefährten in eine dunklere Epoche – das von der Pest geplagte Europa des 14. Jahrhunderts. Die Straßen von Florenz, einst lebendig mit Kunst und Handel, waren zu einem Labyrinth des Todes geworden. Die Schreie der Kranken hallten durch die engen Gassen, während die Häuser mit schwarzen Kreuzen markiert waren.

„Es ist, als würde die Zeit selbst bluten,“ flüsterte Lyra, während sie durch die verlassene Piazza ging. Ein Karren, beladen mit Leichen, rumpelte an ihnen vorbei, gezogen von einem Mann mit ausgemergeltem Gesicht.

„Die Pest war nicht nur eine Krankheit,“ sagte Solan und deutete auf eine alte Inschrift an der Wand einer Kapelle. „Sie war eine Prüfung. Für die Menschen, für ihre Glaubenssysteme, für alles, woran sie glaubten. Und doch brachte sie auch Veränderung – Renaissance, Aufbruch, eine neue Welt.“

Om 25

Kai zog eine Karte aus seiner Tasche, die sie in einer früheren Epoche gefunden hatten. „Hier ist ein Hinweis,“ sagte er und deutete auf ein Symbol, das einer Sonnenblume ähnelte. „Es führt uns zu einem Ort außerhalb der Stadt, in die Berge.“

„Der vergessene Garten von Sahran,“ murmelte Lyra, die Karte betrachtend. „Wir müssen dorthin. Vielleicht finden wir dort mehr als nur Antworten. Vielleicht finden wir Hoffnung.“

Der vergessene Garten

Nach einer beschwerlichen Reise erreichten sie den geheimnisvollen Ort. Der Garten von Sahran war ein Wunder der Natur, ein verborgener Rückzugsort voller exotischer Pflanzen, deren leuchtende Farben sich wie ein Traum in die Landschaft fügten. Doch der Garten war mehr als nur ein idyllischer Ort – er war durchzogen von Magie.

„Hier fühlt es sich an, als ob die Zeit stillsteht,“ sagte Lyra, während sie über einen Pfad aus smaragdgrünem Moos schritt.

Solan untersuchte einen alten Obelisken in der Mitte des Gartens, seine Oberfläche bedeckt mit seltsamen Runen. „Diese Inschriften erzählen von einem uralten Volk, den Eldathri. Sie waren Hüter der Unsterblichkeit.“

Kai näherte sich einem seltsam schimmernden Teich und sah sein eigenes Spiegelbild verzerrt darin. „Und was ist mit ihnen passiert?“

„Vielleicht wurden sie Opfer ihres eigenen Wissens,“ antwortete Solan düster. „Vielleicht wollte die Zeit selbst nicht, dass sie überleben.“

Plötzlich bebte der Boden, und aus den Tiefen des Gartens stiegen Schattenwesen empor – geisterhafte Wächter, die den Frieden dieses Ortes bewahren wollten.

„Nicht wieder ein Kampf,“ murmelte Kai, zog jedoch entschlossen sein Schwert, das sich wie von Zauberhand in die Form eines mittelalterlichen Langschwerts verändert hatte.

Lyra hob ihr Artefakt, das sich nun als Kette um ihren Hals gelegt hatte. Ein sanftes, goldenes Leuchten strahlte aus und schuf eine Barriere zwischen ihnen und den Wesen.

„Wir sind nicht hier, um zu zerstören,“ rief sie, ihre Stimme fest. „Wir suchen Wissen. Helft uns, statt uns zu bekämpfen!“

Die Schattenwesen hielten inne, und eine Gestalt, in einen Schleier aus Sternenlicht gehüllt, trat hervor. „Ihr seid nicht wie die anderen,“ sagte sie, ihre Stimme ein Wispern im Wind. „Ihr sucht Antworten. Kommt, und ich werde euch zeigen, was ihr wissen müsst.“

Der Beginn einer neuen Mission

Als sie den Garten verließen, hatten sie mehr als nur Antworten erhalten – sie hatten eine neue Mission. Eine Karte, gezeichnet aus Sternenlicht, wies ihnen den Weg zu einer längst vergessenen Zivilisation, die tief im Obsidianwald lag.

„Die Kelrith,“ sagte Solan leise. „Ein Volk, das die Geheimnisse der Dunkelheit hütet. Unsere Reise ist noch lange nicht vorbei.“

„Nein,“ antwortete Lyra mit einem leichten Lächeln. „Aber wenn ich eins weiß, dann, dass wir jede Herausforderung meistern können – solange wir zusammenbleiben.“

Kai zog seine Jacke fester um sich. „Dann lasst uns gehen. Der Wald wartet, und wer weiß, welche Epochen uns dort erwarten.“

Mit jedem Schritt, den sie taten, wurde der Ruf der Geschichte lauter. Die Vergangenheit war nicht nur ein Ort, den sie besuchten – sie war Teil von ihnen, ein niemals endender Tanz von Licht und Schatten. Und inmitten dieses Tanzes marschierten Lyra, Kai und Solan entschlossen voran, bereit, die Geheimnisse der Zeit zu enthüllen.

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