Kapitel 118: Die Schatten der Vergangenheit

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Kapitel 118: Die Schatten der Vergangenheit

Der Nebel hatte sich nicht einfach gelichtet, sondern war dichter und bedrohlicher geworden. Während Lyra, Kai und Solan durch die verworrenen Gassen von Paris streiften, schien die Zeit um sie herum zu pulsieren, wie der Takt eines unsichtbaren Herzschlags, der die Schicksale derer bestimmte, die in dieser verwirrenden Dimension gefangen waren. Die drückende Atmosphäre der Revolution lag schwer in der Luft, und das Flimmern der Zukunft, das sie durchschritten, schien auch die Straßen der Stadt zu verzerren.

„Napoleon… er ist der Mann der Stunde, aber nicht der, den wir kennen“, murmelte Solan, seine Stimme von einem Hauch von Besorgnis begleitet. „Er hat die Welt verändert, aber Mephos‘ Einfluss scheint weit mehr in dieser Ära verstrickt zu sein.“

„Und wir müssen verhindern, dass dieser Einfluss sich noch weiter ausbreitet“, antwortete Lyra, ihre Augen fest auf die vorbeiziehenden Menschen gerichtet. Die Revolution hatte die Straßen in Aufruhr versetzt, und in der Ferne waren die Rufe von Barrikadenkämpfern zu hören. Überall in Paris war der Widerstand gegen die Tyrannei spürbar, doch in diesem Wirbel aus Zerstörung und Aufstand, so fühlte es sich an, würde sich die wahre Natur des Kampfes bald offenbaren.

„Der Nebel ist der Schlüssel“, sagte Kai. „Wenn wir ihm nicht folgen, werden wir in einer endlosen Spirale von Schlachten gefangen bleiben.“

Die Gruppe setzte ihren Weg fort, und es dauerte nicht lange, bis sie das berühmte Schloss von Versailles erreichten. Doch das königliche Palastgebäude, einst ein Symbol des Glanzes und der Macht, war jetzt von dunklen Schatten umhüllt. Die goldenen Tore waren von Ranken überwuchert, und die prächtigen Hallen, die früher mit Musik von Mozart und den großen Dichtern der Ära durchzogen waren, standen nun still und leer, als ob sie von der Zeit selbst verschlungen worden wären.

Om 25

„Hier begann die Revolution, und hier müssen wir auch die Wahrheit finden“, sagte Solan und starrte auf die prunkvollen, aber leer gewordenen Räume.

Während sie durch die vergilbten Hallen schlichen, hörte man plötzlich das Geräusch von Schritten. Eine Gestalt trat aus dem Schatten – ein älterer Mann, dessen Augen von einer anderen Welt zu kommen schienen. Er trug ein abgenutztes Wams und eine silberne Kette, die mit mystischen Symbolen versehen war.

„Ich weiß, warum ihr hier seid“, sagte er mit einer Stimme, die tiefer klang, als es menschlich möglich schien. „Ihr sucht nach dem Ursprung des Nebels. Aber ihr werdet nicht allein sein, wenn ihr es findet.“

Der Mann stellte sich als Alaric vor, ein Mitglied der Geheimgesellschaft „Die Lichter der Freiheit“, einer Gruppe von Revolutionären, die tief in den Geheimnissen der Geschichte verwurzelt waren. „Es gibt Kräfte, die weit älter sind als die Revolution selbst“, erklärte er. „Mephos spielt mit der Zeit, aber auch die Götter haben ihre Finger im Spiel.“

„Welche Götter?“, fragte Kai misstrauisch.

„Die, die die Fäden der Geschichte in der Hand halten“, antwortete Alaric. „Aber wir müssen uns beeilen. Die Zeit läuft ab.“

Die Schlacht von Waterloo – Der Nebel der Entscheidung

Mit Alaric an ihrer Seite reisten Lyra, Kai und Solan weiter, und bald fanden sie sich auf einem weiteren berühmten Schlachtfeld wieder: Waterloo. Das Land vor ihnen war von den Narben eines gewaltigen Konflikts gezeichnet, und der Nebel schien hier besonders zäh, als ob er die Geschichte dieser Schlacht auf ewig in sich verschließen wollte. Die Armeen standen in den Startlöchern, doch es war nicht nur der Kampf zwischen Napoleon und der Koalition, der in der Luft lag. Auch hier war der Nebel ein dunkler Begleiter, der alles durchdrang.

„Napoleon wird siegen“, sagte Solan leise, während er die Formationen der Truppen musterte. „Aber der wahre Sieg wird anders aussehen. Mephos hat hier einen seiner größten Stützpunkte.“

„Und wie brechen wir diesen Bann?“, fragte Lyra.

„Indem wir den Ursprung finden“, sagte Alaric. „Es gibt einen Tempel, der tief im Herzen von Belgien verborgen liegt. Der Tempel von Ysmir. Dort liegt das Geheimnis, das den Nebel auflöst.“

Die Reise führte sie über das rauchende Schlachtfeld, wo die Armeen in einem Chaos aus Staub, Blut und Schweiß kämpften. Doch der wahre Feind war nicht nur der Kampf zwischen den Nationen. Der Nebel hatte sich hier festgesetzt, und die Zeit selbst wurde zu einem weiteren Schlachtfeld, auf dem Mephos‘ Macht weiterwuchs.

„Seht“, rief Kai, als er auf die große Statue von Napoleon am Rande des Schlachtfeldes blickte. „Es ist nicht nur der Krieg, der hier entschieden wird. Es ist die Macht über die Zeit.“

„Und wir sind hier, um sie zurückzuerobern“, sagte Solan entschlossen.

Der Tempel von Ysmir – Das Geheimnis der Götter

Ihre Reise führte sie tief in den Wald von Ardennen, wo der Tempel von Ysmir verborgen lag. Es war ein Ort der alten Götter, die sowohl in der griechischen Mythologie als auch in den Sagen des Nordens eine Rolle spielten. Die Steine des Tempels waren mit Runen bedeckt, die von einer längst vergessenen Sprache zeugten. Der Nebel war hier am dichtesten, als ob der Ort selbst die Antworten verschlingen wollte, die sie suchten.

„Hier wird sich alles entscheiden“, sagte Alaric, als sie vor den gewaltigen Türen des Tempels standen. „Wenn wir den Ursprung des Nebels finden, wird die Geschichte zurückkehren.“

Mit einem tiefen Atemzug öffnete Solan die Tür, und sie betraten die heilige Halle. Der Raum war von unheimlichem Licht erleuchtet, das von den Wänden zu kommen schien, als ob der Tempel selbst lebendig war.

„Mephos hat sich hier niedergelassen“, sagte Solan mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Zorn. „Doch seine Macht ist nicht unendlich. Es gibt einen Weg, den Nebel zu brechen.“

Plötzlich spürten sie eine Präsenz hinter sich – eine dunkle, alte Macht. Mephos trat aus dem Schatten, ein Lächeln auf den Lippen.

„Ihr habt es bis hierher geschafft“, sagte er mit einer Stimme, die das Gefühl von Jahrtausenden in sich trug. „Doch das ist der Punkt ohne Rückkehr. Ihr werdet den Nebel niemals besiegen.“

„Nicht, solange die Zeit sich selbst beugen lässt“, antwortete Lyra mutig. „Die Geschichte ist unsere und nicht deine.“

Der Kampf zwischen den Gefährten und Mephos begann, und während sie die letzten Geheimnisse des Nebels aufdeckten, brach die Geschichte sich selbst auf, als wäre sie ein lebendiges Wesen. Aber Lyra, Kai, Solan und ihre Verbündeten waren bereit, die Zeit zurückzuholen, die sie verloren hatten.

Die Schlacht hatte gerade erst begonnen – nicht nur um das Schicksal der Welt, sondern auch um die Kontrolle über die wahre Macht der Geschichte selbst. Und während der Nebel sich veränderte, wusste die Gruppe, dass sie die nächste Herausforderung erwarten würde – in einer Zeit, in der alles ungewiss war.

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