Kapitel 110: Der Weg durch die Jahrhunderte

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Lesedauer 4 Minuten

Kapitel 110: Der Weg durch die Jahrhunderte

Die Gruppe stand am Rand des Schlachtfelds von Waterloo, das nun in der Dämmerung lag. Die letzten Stürme des napoleonischen Krieges hatten die Landschaft in ein verwüstetes Meer aus Schlamm und Blut verwandelt. Doch das war nicht die einzige Veränderung, die die Zeitreise mit sich gebracht hatte. Als sie die Zeit durchquerten, hatte sich nicht nur die Umgebung gewandelt, sondern auch ihre Erscheinung. Lyra trug nun ein einfaches, aber elegantes Kleid im Stil der Zeit, das sie im hektischen Paris der Revolution erhalten hatte. Ihr Schwert, das sie stets bei sich trug, war in die Tradition der Kriegerin der napoleonischen Ära übergegangen, eine Mischung aus kunstvoller Schmiedekunst und pragmatischer Schärfe. Kai, der Überlebenskünstler, war nicht mehr nur der robuste Kämpfer, der er einst gewesen war. In dieser Ära trug er eine schwarze Uniform des französischen Heeres, die ihm eine gewisse Autorität und eine prägnante Erscheinung verlieh. Solan, der Historiker, hatte sich von seinem gewohnten, schlichten Gewand verabschiedet und trug nun ein eng anliegendes, akademisch inspiriertes Outfit, das zu seinem wachsenden Wissen und seiner Rolle als unermüdlicher Forscher passte.

„Wir haben den Punkt erreicht, an dem sich die Geschichte widerspiegelt“, sagte Kai mit ernster Miene, während er über das Schlachtfeld blickte. „Waterloo markiert das Ende von Napoleons Ambitionen, aber für uns bedeutet es mehr. Mephos hat hier seine Finger im Spiel, und wir dürfen nicht zulassen, dass der Verlauf dieser Schlacht seine Dunkelheit weiterträgt.“

„Die Geschichte ist wie ein Strom“, fügte Solan hinzu, „immer wieder kehrt sie an denselben Punkt zurück, verändert sich jedoch mit jeder Entscheidung, die wir treffen. Der Fluss wird nie ruhig, aber wenn wir richtig handeln, können wir seinen Verlauf beeinflussen.“

Seraphine, die immer noch als Schatten der Gruppe agierte, nickte. Ihre Augen glühten mit einer inneren Flamme, als sie die Schlacht überblickte. „Mephos hat sich oft hinter den Kulissen verborgen, aber hier ist der Moment, an dem er sich offenbaren könnte. Wir müssen ihn aufhalten, bevor der Kaiser endgültig die Kontrolle verliert.“

In der Ferne hallten Kanonenschüsse wider, und die Gruppe machte sich auf den Weg in die Nähe des Zentrums der Schlacht, wo sich die Hauptarmeen versammelten. Die französischen Truppen, mit ihren roten Hosen und schwarz-goldenen Uniformen, standen bereit, während die britischen Truppen, mit ihren ikonischen roten Jacken und breiten Hüten, sich formierten. Die Luft war von Schießpulver und der Angst der bevorstehenden Konfrontation durchzogen.

Doch als sie das Zentrum erreichten, fühlte sich der Moment anders an. Der gesamte Schlachtplan war, als ob er in einem Nebel lag, eine unsichtbare Hand zog die Fäden. „Es ist als ob sich die Zeit verdichtet“, bemerkte Lyra, während sie nachdenklich den Umriss des napoleonischen Generals, der kurz davor war, das Schlachtfeld zu betreten, studierte. „Etwas an diesem Moment fühlt sich nicht richtig an. Es ist, als ob sich die Dunkelheit von Mephos hier versteckt.“

Om 25

„Die Dunkelheit ist nicht nur im Schlachtfeld zu finden“, sagte Solan, „sie ist in den Herzen der Menschen, in ihren Entscheidungen, in der Art und Weise, wie sie sich der Geschichte hingeben. Es sind diese kleinen, unsichtbaren Wendungen, die einen Krieg in eine andere Richtung treiben können.“

Die Gruppe stieg tiefer in das Zentrum der Schlacht und entdeckte dabei ein weiteres Geheimnis der Geschichte. Im Schatten eines zerstörten Gebäudes fanden sie ein verborgenes Dokument, das Hinweise auf einen geheimen Bund gab, der über die militärischen Bewegungen der Armeen hinweg Einblick hatte. „Der wahre Feind“, sagte Seraphine, als sie das Dokument betrachtete, „war nicht Napoleon. Es war ein Netz aus Geheimbünden, das die Schicksale der Kriege bestimmte.“

„Mephos hat sich durch diese Geheimbünde gewoben“, sagte Kai mit einer entschlossenen Stimme. „Und genau hier, in dieser Zeit, müssen wir das Band durchschneiden. Wenn wir das tun, könnte der Lauf der Geschichte sich für immer ändern.“

Die Gruppe wusste nun, dass sie nicht nur gegen Armeen kämpfen mussten, sondern gegen die unsichtbaren Kräfte, die die Geschichte lenkten. Doch auch wenn sie die Dunkelheit umgingen, begann sich das Schlachtfeld zu verändern. Die Landschaft und die Stille, die der Tod hinterlassen hatte, verschwanden und wichen den endlosen Weiten des Mittelalters.

Ein neuer Ort, ein neues Abenteuer

Die Gruppe fand sich plötzlich in einer völlig anderen Zeit wieder, inmitten des frühen Mittelalters. Die weiten, offenen Felder, die sie zuvor gesehen hatten, waren jetzt von dichten Wäldern umgeben, und die Luft war von der Frische des Waldes und dem süßen Duft von Erde durchzogen. Es war das Jahr 1066, und sie standen vor den Toren der legendären Schlacht von Hastings, einem der entscheidendsten Momente in der englischen Geschichte.

„Der Weg von Hastings war nicht nur der eines Krieges“, sagte Solan nachdenklich, während er auf das goldene Banner von Harald Godwinson starrte, das in der Ferne wehte. „Er führte zu einem Bruch in der Geschichte. Ein neuer Herrscher würde England prägen, aber der wahre Machtkampf liegt in den geheimen Bündnissen, die hier geschmiedet werden.“

Kai spürte es, bevor er es aussprach. „Mephos‘ Einfluss war schon damals spürbar. Und hier, an diesem Ort, müssen wir ihm entgegenwirken, bevor er die Krone von England für sich beansprucht.“

Doch die Atmosphäre war nicht die gleiche wie die, die sie in den vorherigen Epochen erlebt hatten. Der Boden, von den Stiefeln der Soldaten zertrampelt, war von der Kälte des Regens befeuchtet. Die Zelte der Soldaten standen dicht aneinander, und der Geruch von nassem Leder und frischem Brot mischte sich mit dem Schweiß und der Angst der Krieger. Überall war der Klang von Hämmern, als Schmiede Rüstungen und Waffen anfertigten.

„Wenn wir hier etwas ändern können, dann könnte die Zukunft von ganz Europa anders aussehen“, sagte Lyra und griff nach ihrem Schwert, das nun die Symbolik des tapferen Ritters trug.

„Aber wir müssen vorsichtig sein“, warnte Solan. „Ein falscher Schritt hier könnte die ganze Linie der englischen Monarchie verändern. Wir müssen verhindern, dass Mephos in diese wichtigen Wendepunkte eingreift.“

Ihre Reise führte sie durch die verschiedenen Kriege, von den legendären Schlachten der schottischen Unabhängigkeit bis hin zu den weltbewegenden Erfindungen und Entdeckungen der Renaissance. Sie kämpften in den Reihen von unerschrockenen Kriegern, stellten sich den Dunkelheiten der Pest und der Hexenverfolgung, und ihre Reise verwebte sich mit den großen Namen der Geschichte – von Leonardo da Vinci bis zu den großen Komponisten der Barockzeit, die ihre eigenen Geheimnisse in die Musik legten, die noch immer den Dämmerungen der Zeit widerhallt.

Doch in all diesen Kriegen, bei all diesen Umbrüchen und Katastrophen blieb eines unverändert: Ihre Entschlossenheit. Sie waren nicht nur Zeugen der Geschichte. Sie waren die Hüter des Schicksals.

Und das Schicksal rief sie weiter.

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