Kapitel 103: Das Band der Epochen
Der Wind trug die salzige Luft der See, die nun in der Dämmerung schimmerte, als die Gruppe ihre Position am Hafen von Brest weiter auslotete. Die französischen Schiffe, die majestätisch im Wind tanzten, standen nun in einer fast gespenstischen Ruhe da. Der Horizont, zuvor von der Kraft der bevorstehenden Schlacht durchzogen, lag nun in einem unnatürlichen Schweigen. Kai, Lyra und Solan standen neben den anderen Gefährten, während die Atmosphäre von einer unverkennbaren Unruhe durchzogen war.
„Etwas ist anders“, murmelte Kai, als sein Blick über das weitläufige Meer glitt. „Ich habe dieses Gefühl schon einmal hier gehabt, aber jetzt… es ist als wäre der Wind selbst ein anderer.“
„Du hast recht“, sagte Lyra, ihr Blick fest auf die Wellen gerichtet. „Wir waren schon hier. Doch es fühlt sich an, als ob die Zeit sich selbst verzerrt. Der Ozean, die Schiffe – alles wirkt so, als hätte sich das Bild der Geschichte verschoben.“ Sie zog das Armband an ihrem Handgelenk etwas fester, das Artefakt, das sich nun wie der Wind, den sie spürte, anpasste – in Form und Bedeutung.
„Jeder Schritt, den wir setzen, reißt ein Loch in den Teppich der Realität“, sagte Solan, und seine Stimme war leise, fast ehrfürchtig. „Wir haben die Zeit verändert. Nicht nur durch unsere Anwesenheit, sondern durch das, was wir hinterlassen.“
Myria Dunkelmond erhob ihren Stab und ließ den Nebel um sich herum aufsteigen, als sie den Blick auf das weite Meer richtete. Ihre magische Präsenz verwob sich mit der sich verändernden Landschaft, sodass der Nebel nicht nur die Sicht, sondern auch das Verständnis der Geschichte selbst verschleierte. „Der Nebel ist hier mehr als ein physisches Element. Er ist ein Riss in der Zeit, durch den wir wandern.“
„Und die Dunkelheit folgt uns“, fügte Selena Arinthal hinzu, ihre Augen blitzten im schimmernden Licht der untergehenden Sonne. „Je weiter wir reisen, desto stärker wird sie. Doch sie ist nicht nur unsere Feindin, sie ist der Schleier, der die wahre Geschichte verbirgt.“
Der Ruf des Krieges klang näher, als die Gruppe langsam den Hafen verließ und sich in Richtung der französischen Schiffe bewegte. Kai spürte das Schwert an seiner Seite, das sich ebenfalls anpasste, um ihm in dieser Zeit gerecht zu werden – ein Krieger der damaligen Ära, ohne Zweifel. Doch die Erinnerung an die Schlachten von Brest, an den Kampf gegen die Armada, trübte seinen Blick. Es war mehr als nur ein Kriegszug. Es war das Spiel von Gottheiten und dunklen Mächten, von Schicksalen, die sich durch das Gewebe der Epochen zogen.
„Der wahre Feind kommt nicht von der Armada“, sagte Seraphine Veyra und ließ ihre Augen in die Ferne schweifen. „Die dunkle Präsenz, die wir spüren, ist Mephos. Er ist nicht hier, aber er ist nah. Die Schatten haben sich ausgebreitet, und sie verlangen nach den Mächten der Geschichte.“
„Wenn wir Mephos finden wollen, müssen wir tiefer in diese Zeit eintauchen“, sagte Sira Valeris. Sie verwandelte sich in einen Adler und stieg empor, ihre Augen suchten das Weite, auf der Suche nach Zeichen, die sie zu der Quelle der Dunkelheit führen konnten. „Die Flotten sind ein Ablenkungsmanöver. Die wahre Schlacht spielt sich woanders ab.“
Die Schlacht der Elemente
Sie reisten weiter entlang der Küsten Frankreichs und fanden sich bald inmitten der Vorbereitungen für die spanische Armada, doch es war der ständige Übergang, der ihre Aufmerksamkeit fesselte. Die Schlachten, die sie bereits in der Vergangenheit gekannt hatten, begannen sich zu verändern. Der Nebel, der alles umhüllte, brach durch die Zeit und die Geschichte. Die französischen Soldaten trugen Rüstungen, die in vielen Aspekten den historischen Berichten entsprachen, aber es gab Spuren von Magie, die das Stahlgewebe durchzogen. Waffen aus reinem Stahl waren in Kristalle gehüllt, die schimmerten, als stünde die Dunkelheit selbst in ihnen.
„Sie haben das Artefakt“, sagte Myria, als sie den Kampfplatz betrat. Ihre Augen blitzten, als sie die fremdartige Magie spürte, die von den französischen und spanischen Soldaten ausging. „Es ist nicht nur die Armada. Die dunklen Mächte haben Einfluss genommen. Das Artefakt von Mephos ist hier.“
„Wo ist es?“ fragte Kai, sein Blick starr auf das sich ausweitende Schlachtfeld gerichtet. „Wo können wir es finden?“
„Ich kann es spüren“, sagte Myria. „Es ist tief in den Eingeweiden der Geschichte verborgen, in den Köpfen derer, die die Schlachten führen. Wir müssen weiterreisen.“
„Aber wohin?“, fragte Solan. „Der Nebel wird immer dichter, und der Ursprung der Dunkelheit wird uns entgleiten, wenn wir nicht aufpassen.“
„Es gibt einen Ort, der sich immer wieder verändert“, sagte Lyra, ihr Blick war auf das Meer gerichtet. „Wir müssen die Weiten des Ozeans überqueren. Der Ursprung der Dunkelheit könnte irgendwo jenseits der bekannten Welt sein. Irgendwo, wo die Schatten noch tiefere Wurzeln schlagen.“
Sie reisten weiter, und die Schatten der Geschichte schlossen sich um sie. Die Gruppe wusste, dass sie nicht nur gegen Armeen kämpften, sondern gegen die Verfälschung der Geschichte selbst. Es war ein gefährlicher Tanz, und jeder ihrer Schritte hatte Konsequenzen. Die französische Revolution lag in der Luft, und die magischen Flüsse, die sie durchquerten, wurden von der Dunkelheit durchzogen.
Doch in diesem Moment, als der Nebel auf den Küsten von Frankreich lag, wussten sie, dass sie bald eine Wahl treffen würden: Einen Schritt in die tiefsten Abgründe der Vergangenheit oder die Zukunft der Welt retten.
Der Blick in die Vergangenheit
Kai, Solan, Lyra und die anderen Gefährten setzten ihre Reise fort, überquerten Meere und durchbrachen die Barrieren der Zeit. Auf ihrer Reise begegneten sie historischen Figuren: Napoleon, die Generalen von Spanien und Frankreich, die Piraten der Karibik und die Träumer, die von den Weiten der Welt flogen. Doch jeder Schritt brachte sie tiefer in die Schatten der Geschichte, und jeder Augenblick veränderte die Welt um sie herum.
Der Nebel war nicht nur ein physisches Element. Er war ein Riss in der Zeit. Und jeder, der den Mut fand, in diese Zeit einzutreten, würde erleben, dass die Geschichte nie wirklich festgelegt war – sie war formbar, wandelbar, fließend wie der Ozean.
Und so gingen sie weiter, durch die Nebel der Epochen, auf der Suche nach dem Ursprung der Dunkelheit.