Du magst Ehrlichkeit? Dann schluck das hier!

Du Magst Ehrlichkeit? Dann Schluck Das Hier!
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Du magst Ehrlichkeit? Dann schluck das hier!

Du bist allein. Mal wieder. Dein Smartphone glüht in der Hand, während du auf dem abgewetzten Sofa sitzt, das so aussieht, als hätte es den Vietnamkrieg überlebt. Du trägst eine Jogginghose, die mehr Pizzaflecken als Textilanteil hat, und dein T-Shirt hat ein Loch an einer strategisch ungünstigen Stelle. Dein Gesicht spiegelt Erschöpfung wider, aber hey, immerhin hast du versucht, das zu kaschieren – mit einem letzten Rest Selbstbräuner, der jetzt ungleichmäßig orange wirkt. Willkommen in deinem Samstagabend.

Doch dann erscheint sie: die App, die alles ändert. „TruthDate – Wo Ehrlichkeit weh tut.“ Ein schönes Motto, findest du, während du dir ein Kissen unter den Arm klemmst. Die Beschreibung der App verspricht keine halbherzigen Likes, keine generischen „Hey, wie geht’s?“-Nachrichten. Stattdessen bekommst du schonungslos ehrliche Profile. So ehrlich, dass du dich fragen wirst, ob du überhaupt bereit bist, die Wahrheit zu ertragen.

Willkommen bei „TruthDate“

Du registrierst dich – natürlich widerwillig, weil „das machen ja nur Verzweifelte“ – und wirst sofort mit der Realität konfrontiert: ein Selfie von Melanie, 34. Sie trägt ein neonpinkes Top, das so schrill ist, dass es deinen Bildschirm blendet. Unter ihrem Bild steht:

„Ich schnarche wie ein Kettensägenmassaker und meine Kochkünste haben schon mal eine Feuermelder-Evakuierung ausgelöst. Wenn du Katzen hast, swipe lieber links – ich bin allergisch und zu egoistisch, um was dagegen zu tun.“

Du lachst, ein bisschen ungläubig. Kann das wahr sein? Ein zweites Profil erscheint: Tobias, 29. Das Bild zeigt ihn auf einem Bagger – warum auch immer – in einer fleckigen Latzhose, mit einem Grinsen, das eher nach „Ich klaue dir dein Portemonnaie“ aussieht als nach „Ich bin dein Traummann“. Sein Text lautet:

„Ich spiele sechs Stunden am Tag Online-Games und gebe mein Geld lieber für NFTs aus als für Dates. Wenn du denkst, ich ändere mich für dich, dann viel Glück beim Weiterwischen.“

Die Produktionsstätten der Wahrheit

Hinter den Kulissen arbeitet das TruthDate-Team in einem heruntergekommenen Loft in einer ehemaligen Zuckerfabrik. Die Programmierer tragen zerknitterte Hemden und diskutieren lautstark darüber, ob „ehrliche“ Filter eingeführt werden sollten. (Spoiler: Nein.) Hier wird jedes neue Feature getestet – von Algorithmen, die deine schlechtesten Fotos auswählen, bis hin zu einer Funktion, die dich zwingt, deine peinlichste Angewohnheit offenzulegen.

Die Innenräume der Produktionsstätte sind minimalistisch: eine Couch aus Palettenholz, ein Kühlschrank voller Club-Mate, und Wände, die mit Whiteboards überzogen sind. „Ehrlichkeit ist sexy“ steht dort in großen Lettern, und daneben ein kleiner Zusatz in Klammern: „Aber meistens nicht.“ Ein Mitarbeiter mit strubbeligen Haaren schreibt gerade die neue Funktion für „Lieblingseigenschaften“: Sie wird dafür sorgen, dass Nutzer direkt angeben müssen, ob sie es vorziehen, ihre Zehennägel im Bett zu schneiden oder bei Hochzeiten betrunken das Mikrofon zu kapern.

Dein erstes Match

Du öffnest das erste Match. Sarah, 31. Ihr Profilbild zeigt sie in einem Büro – im Hintergrund stapeln sich Aktenordner, und sie sieht aus, als hätte sie in ihrem Leben nie gelächelt. Ihre Beschreibung liest sich so:

„Ich bin Workaholic und habe keine Zeit für dein selbstmitleidiges Gejammer. Ich trinke meinen Kaffee schwarz wie meine Seele, und wenn du Romantik suchst, dann such dir einen Disney-Film.“

Und weißst du was? Du bist fasziniert. Nicht, weil du dich in sie verliebst, sondern weil du endlich das Gefühl hast, jemanden zu treffen, der keinen Bullshit redet.

Die „Echte-Menschen“-Erfahrung

TruthDate hat keine schicke Marketing-Kampagne. Stattdessen setzen sie auf radikale Authentizität: keine Filter, keine geschönten Lebensläufe, keine „Ich liebe lange Spaziergänge am Strand“-Lügen. Die App ist wie ein ungeschöntes Tinder nach einer Flasche Wodka. Die Menschen, die du hier triffst, sind keine glänzenden Instagram-Models, sondern Typen wie Karl – der Typ aus deiner Nachbarschaft, der immer in Adiletten und mit einem Dosenbier in der Hand rumläuft. Oder Claudia, die bei jeder Party unangekündigt auftaucht und mit ihrem Karaoke-Gesang für Tränen sorgt (vor Schmerz).

Ein Spaziergang durch die „Profile-Hölle“

Du scrollst weiter. Ein Nutzer namens Björn (42) hat in seiner Beschreibung nur zwei Sätze geschrieben:

„Ich sammel Briefmarken und mag lange Diskussionen darüber, warum Pineapple auf Pizza gehört. Wenn du Netflix überbewertest, swipe rechts.“

Ein anderer, Lisa (27), ist nicht weniger direkt:

„Ich esse Chips im Bett und trinke Cola aus der Flasche. Nein, ich werde meine Socken nicht zusammenlegen. Wenn du das Problem hast, such dir eine Marie Kondo.“

Dein Fazit

Du bist geschockt. Und begeistert. Diese Menschen sind nicht perfekt, sie sind nicht mal nett. Aber sie sind echt. Und irgendwie gibt dir das Hoffnung, denn du bist auch nicht perfekt. Du hast Ecken und Kanten, die manchmal mehr nach Unfall als nach Design aussehen. Aber hey, vielleicht ist das genau das, was du brauchst: jemanden, der deinen Wahnsinn versteht, ohne ihn reparieren zu wollen.

Und während du dich zurücklehnst und darüber nachdenkst, ob du Lisa oder Björn zuerst schreiben sollst, merkst du: Vielleicht ist es gar nicht so schlimm, die Wahrheit zu sagen. Vielleicht ist es sogar befreiend.

„Ehrlichkeit ist wie eine kalte Dusche: unangenehm, aber verdammt erfrischend.“

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