Du bist einfach nur „hervorragend“

Du Bist Einfach Nur „hervorragend“
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Du bist einfach nur „hervorragend“

Du sitzt am Schreibtisch, das Licht deines Bildschirms blendet leicht, während die halb leere Tasse Kaffee neben dir langsam erkaltet. Dein Chef – nennen wir ihn einfach Herr Floskelstein – hat dir eine E-Mail geschickt. Der Betreff? „Tolle Leistung!“. Dein Herz schlägt schneller, deine Augen leuchten auf. Endlich ein Moment der Anerkennung! Doch dann liest du. Und liest. Und liest. Und fragst dich am Ende: War das wirklich an dich gerichtet?

Die Szene: Willkommen in der Floskel-Falle

Das Büro um dich herum ist ein Sammelsurium aus Beige- und Grautönen, die Tristesse des modernen Arbeitslebens perfekt inszeniert. Der Duft von altem Teppich und Tintenpatronen hängt schwer in der Luft, und irgendwo tropft eine Kaffeemaschine rhythmisch wie eine nervige Hintergrundmusik. Deine Kollegin Tina, die immer aussieht, als käme sie gerade aus einem Modemagazin, tippt emsig in einem Tempo, das sogar ihrem pinken Blazer Konkurrenz macht. Sie wirft dir einen flüchtigen Blick zu, als ob sie genau wüsste, dass du gleich mit einer Mischung aus Stolz und Verwirrung aus deinem Sessel hochspringen wirst.

Die E-Mail: Ein Meisterwerk der Belanglosigkeit

Du öffnest die Nachricht, und da steht es:
„Sehr geehrter Herr/Frau [Copy-Paste-Fehler?],
ich möchte Ihre hervorragende Leistung ausdrücklich loben. Ihre Arbeit war nicht nur ausgezeichnet, sondern auch inspirierend. Ihre Fähigkeit, Qualität und Effizienz zu verbinden, hat uns alle beeindruckt. Weiter so!“

Das war’s. Keine Details. Kein Projektname. Kein spezifischer Hinweis darauf, was du eigentlich getan hast, um „hervorragend“ zu sein. Es könnte genauso gut die automatisierte Antwort eines Chatbots sein.

Dein Outfit: Bereit für den Erfolg

Du trägst ein dunkelblaues Hemd, das leicht zerknittert ist, weil du heute Morgen beschlossen hast, dass Bügeln überbewertet ist. Dazu Jeans, die gerade schick genug sind, um nicht casual zu wirken, aber bequem genug, um durch den Arbeitstag zu kommen. Deine Haare sitzen halbwegs, wenn man davon absieht, dass ein Strähnchen widerspenstig auf deine Stirn fällt.

Doch während du da sitzt, schleicht sich ein Gedanke in deinen Kopf: Vielleicht war die Mail gar nicht für dich? Vielleicht bist du Opfer einer Chef-Floskel-Lotterie geworden, bei der jeder mal ein zufälliges Kompliment bekommt, damit die Stimmung im Büro nicht völlig kollabiert.

Die innere Achterbahn

Du fühlst dich wie ein Schauspieler ohne Drehbuch, der mitten in einer Oscar-Rede landet, ohne zu wissen, für welche Rolle er eigentlich nominiert wurde. Einerseits willst du stolz sein. Andererseits nagt an dir das Gefühl, dass der „Lob-Baukasten für Führungskräfte 2025“ seinen Weg in dein Postfach gefunden hat.

„Inspirierend“? Das letzte Mal, dass du dich inspirierend gefühlt hast, war, als du vor Wochen ein IKEA-Regal ohne Anleitung aufgebaut hast. „Qualität und Effizienz“? Du hast dich doch letzte Woche fast mit der Tabellenkalkulation geprügelt!

Ein Blick in die Vergangenheit

Du erinnerst dich an die alten Zeiten, als ein Lob noch ehrlich war. Damals, als Chefs dich direkt ansahen, dir die Hand schüttelten und sagten: „Das war fantastisch! Die Präsentation übertrifft alles, was wir bisher gesehen haben.“ Heute verstecken sie sich hinter Tastaturen, und „fantastisch“ klingt so leer wie der letzte Cookie in der Büroküche.

Das Büro: Ein Kaleidoskop der Unsicherheit

Tina wirft dir wieder einen Blick zu, diesmal mit einem subtilen Nicken. Vielleicht hat sie dieselbe E-Mail bekommen? Du blickst dich um. Peter aus der IT, der immer aussieht, als hätte er gerade einen Marathon durch den Serverraum hinter sich, scrollt durch seine Nachrichten. Sein Gesichtsausdruck ist unbezahlbar: eine Mischung aus „Soll ich mich freuen?“ und „War das Spam?“

Die Wahrheit: Warum du besonders bist

Trotz allem fühlst du einen Funken Stolz. Ja, die Mail war generisch, aber irgendetwas muss dein Chef doch an dich gedacht haben, oder? Vielleicht liegt es an den unzähligen Überstunden, den kreativen Ideen, oder daran, dass du der Einzige bist, der die Kaffeemaschine reparieren kann.

Der Aha-Moment

Während du in Gedanken versunken bist, fällt dir auf, dass es gar nicht um die Worte in der Mail geht. Es geht um dich. Um deine Leistung. Um die Tatsache, dass du trotz aller Widrigkeiten weitermachst. Vielleicht ist das Lob deines Chefs leer, aber dein Erfolg ist echt.

„Die Anerkennung anderer ist vergänglich, aber die Anerkennung deiner selbst bleibt.“

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