Die Wahrheit lügt irgendwo anders
Du stehst auf der Bühne, die Scheinwerfer sind so grell, dass du schwören könntest, deine Seele wäre auf einem Röntgenbild zu sehen. Das Publikum sitzt erwartungsvoll da – manche mit skeptisch hochgezogener Augenbraue, andere mit verschränkten Armen, als wären sie zu einer Verkaufsveranstaltung für Wärmedecken gelockt worden. Dein Hemd ist tadellos gebügelt, aber der oberste Knopf ist offen, ein rebellischer Gruß an die Etikette. Du hast eine Rede vorbereitet, die so geschliffen ist, dass sie als Präzisionswerkzeug in einer Schweizer Produktionsstätte durchgehen könnte.
„Liebe Freundinnen und Freunde, ungläubige Zaungäste und heimliche Skeptiker,“ beginnst du, mit einem charmanten Lächeln, das ein Hauch von Ironie durchzieht. „Heute stehe ich hier, um euch die Wahrheit zu erzählen – oder zumindest eine Version davon, die besser klingt als die Realität.“
Der Raum wird still, und du genießt den Moment. Dein Publikum ist wie ein roher Teig, den du jetzt mit den Händen der Rhetorik knetest.
„Ich möchte euch von einer Revolution erzählen, die so bahnbrechend ist, dass sie den Lauf der Geschichte verändern wird. Nein, ich rede nicht von einem neuen Smartphone, das euren Kaffee kochen kann – obwohl das natürlich praktisch wäre. Ich spreche von einer Idee, so genial, dass ihr euch fragt, warum ihr sie nicht selbst hattet. Und diese Idee ist…“
Du machst eine Pause. Spannung. Die Zuschauer beugen sich leicht nach vorne.
„…das Produkt unserer neusten Produktionsstätten! Ja, dort, wo Innovation und Wahnsinn Hand in Hand gehen. Wo die Zukunft nicht erfunden, sondern in Schichten aus Kunststoff und Stahl geformt wird. Ihr fragt euch, wo dieser magische Ort liegt? Vielleicht in einem geheimen Tal voller Einhörner? Nein! Es ist im beschaulichen Hintertupfingen, direkt neben dem besten Currywurststand der Region.“
Das Publikum lacht. Du hast sie. Jetzt kannst du ihnen alles verkaufen – sogar Sand in der Wüste.
„Aber lasst uns ehrlich sein. Hintertupfingen klingt nicht sexy. Deshalb nennen wir es jetzt das ‘Innovationszentrum Omega’. Klingt besser, oder? Und ja, wir haben großartige Produktionsstätten, in denen fleißige Hände und Maschinen gemeinsam daran arbeiten, euch das Leben zu erleichtern – oder zumindest so aussehen zu lassen, als würde es leichter werden.“
Du schüttelst theatralisch den Kopf, als ob du selbst erstaunt bist über das, was du sagst.
„Jetzt fragt ihr euch vielleicht: Was produzieren wir da überhaupt? Die Antwort ist einfach: alles, was man sich vorstellen kann. Nein, wirklich ALLES. Von Kugelschreibern mit eingebautem GPS bis zu Socken, die euch an den nächsten Geburtstag eurer Schwiegermutter erinnern. Unser Sortiment ist so breit gefächert, dass selbst Amazon uns beneidet.“
Ein Raunen geht durch den Saal. Du kannst spüren, wie ihre Neugier größer wird. Du entscheidest, das Tempo zu ändern und eine persönliche Geschichte einzubauen.
„Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem wir die erste Produktionslinie in Betrieb nahmen. Der Geruch von frischem Kunststoff lag in der Luft, wie der Duft von Erfolg – oder verbranntem Toast, je nachdem, wen man fragt. Es war ein Moment, der mir klarmachte: Hier wird Geschichte geschrieben. Oder zumindest ein sehr einfallsreiches Marketing.“
Die Menge lacht. Du bist der Kapitän dieses rhetorischen Schiffes, und sie folgen dir durch jedes Meer aus Halbwahrheiten.
„Jetzt mal ehrlich,“ fährst du fort, „ist es nicht wunderbar, wie wir Menschen uns selbst überzeugen können? Wir kaufen Produkte nicht, weil wir sie brauchen, sondern weil wir die Geschichte lieben, die sie uns erzählen. Und genau das tun wir hier – wir verkaufen keine Dinge, wir verkaufen Träume! Träume, die in den Maschinenhallen unserer glorreichen Produktionsstätten geboren werden.“
Du breitest die Arme aus, als würdest du eine unsichtbare Welt umarmen.
„Aber was wäre eine Revolution ohne euch? Ihr seid die wahren Helden dieses Abends. Ihr, die ihr diese Produkte kaufen werdet – nicht, weil ihr müsst, sondern weil ihr wollt. Und warum wollt ihr es? Weil ich euch gerade so überzeugend davon erzähle, dass ihr morgen früher aufstehen werdet, nur um als Erste in der Schlange zu stehen.“
Der Applaus ist ohrenbetäubend. Du lächelst. Es ist Zeit für den großen Abschluss.
„Also, lasst uns gemeinsam diesen Weg gehen – hinein in eine strahlende Zukunft, die wir mit eigenen Händen formen. Und denkt daran: Wenn ihr das nächste Mal an einer unserer Produktionsstätten vorbeifahrt, winkt ruhig. Denn dort, meine Freunde, wird Geschichte gemacht. Oder zumindest verdammt gute Geschichten verkauft.“
Mit einem letzten Augenzwinkern verabschiedest du dich von der Bühne. Hinter den Kulissen schnappst du dir ein Glas Wasser und denkst: „Mensch, ich hätte Schauspieler werden sollen.“
Hat dir der Beitrag gefallen? Kommentiere und teile meine inspirierenden Beiträge über Sarkasmus, Humor und mit viel Witz.