Kapitel 18: Der Pfad der Erkenntnis
Lyra hielt den „Ring der Zeit“ fest in ihrer Hand, seine goldene Oberfläche pulsierte sanft in einem unheimlichen Rhythmus, der ihr das Gefühl gab, die Zeit selbst in ihren Fingern zu spüren. Die Worte des Königs Kreig hallten in ihrem Kopf nach: „Ein wahrer Herrscher der Zeit versteht es, mit der Vergangenheit zu leben, ohne in ihr zu verharren.“
Die Wände der Pyramide, die sich um sie herum wanden, verschwanden plötzlich in einem Strudel aus Licht. Die Gruppe wurde von einer unsichtbaren Kraft ergriffen, die sie weiterführte, und der Raum zerfloss vor ihren Augen, als ob die Zeit selbst in einem einzigen Moment zerbrach.
„Bereit?“, fragte Solan, seine Stimme klang ruhig, doch auch er konnte die Dramatik des Augenblicks spüren.
„Bereit“, antwortete Kai, obwohl auch er mit einem Nervenkitzel kämpfte, der ihm den Atem nahm. Das Labyrinth der Geschichte war nicht nur ein physischer Ort, es war ein Test der tiefsten Ängste und Wünsche.
Der Ring begann in Lyras Hand zu glühen. In diesem Moment spürte sie, wie sich ihre Kleidung erneut verwandelte. Die leinenen Gewänder des alten Ägyptens zogen sich zurück, und ihre neue Kleidung nahm die Form eines feinen Gewandes an, das aus schimmerndem, blauem Stoff gefertigt war, der fast wie Wasser wirkte. Der Stoff schien mit einem Hauch von Sternenstaub bedeckt, und ihr Gürtel bestand aus silbernen Ketten, die im Licht funkelten. Ein elegantes Amulett hing um ihren Hals, das sich nun als das „Artefakt des Omnifaktums“ offenbarte – ein unscheinbarer, aber bedeutungsvoller Schmuck.
„Wir sind bereit“, wiederholte sie und trat vor, der erste Schritt in die Dunkelheit des Unbekannten.
Plötzlich umhüllte sie ein blendendes Licht, und die Welt um sie herum verwandelte sich. Die Pyramide, der letzte Augenblick des Ägypten, löste sich auf, und die Gruppe fand sich in einem neuen Raum wieder – ein prächtiger Ort, den sie nie zuvor gesehen hatten. Um sie herum ragten gewaltige Statuen, die die Sonne mit eisiger Eleganz widerspiegelten, und der Boden war mit Mosaiken aus kostbaren Steinen bedeckt.
„Wo sind wir?“, fragte Kai, seine Hand griff instinktiv nach dem Speer, der sich ihm angepasst hatte.
„Dies ist der Palast von Xerxes“, flüsterte Solan, als er den antiken Prachtbau betrachtete. „Der persische Großkönig. Doch die Zeit hier ist… anders.“
„Der Ring hat uns in die Vergangenheit geführt“, sagte Lyra, „aber wohin genau?“
„Persien zur Zeit der großen Kriege“, murmelte Solan nachdenklich. „Es wird nicht nur um Geschichte gehen. Dieser Ort – dieses Zeitalter – birgt die Antworten, nach denen wir suchen.“
Bevor sie weiter sprechen konnten, trat eine Gestalt aus den Schatten des Palastes hervor. Ein hoher Beamter, ein Mann, dessen Gesicht in einem eleganten Bart verborgen war, doch dessen Augen eine unheimliche Präsenz ausstrahlten. Er trug eine glänzende Rüstung und einen goldenen Umhang, und seine Miene war ernst, aber nicht feindlich.
„Ihr seid nicht von dieser Welt“, sagte er in einer tiefen, befehlenden Stimme. „Doch seid gewarnt, Fremde. Der Palast von Xerxes kennt keine Gnade für diejenigen, die in den Strömen der Zeit wandeln.“
„Wir sind auf einer wichtigen Mission“, erklärte Lyra entschlossen, „um das Wissen zu finden, das die Zeit bewahrt hat. Wir suchen Antworten.“
„Antworten?“ Der Mann musterte sie mit einem misstrauischen Blick. „Die Antworten, die ihr sucht, existieren nicht in der Vergangenheit. Sie sind Teil des Schicksals, und Schicksal kann man nicht einfach stehlen.“
Die Gruppe trat einen Schritt zurück, als sich eine weitere Figur hinter dem Beamten auftat. Eine Frau, die in einer prachtvollen Robe aus purpurnem Samt gehüllt war. Ihre Augen funkelten mit einem geheimen Wissen. „Ihr habt den „Ring der Zeit“ getragen, und nun seid ihr hier, in einer Zeit, die viele vergessen haben. Doch ihr müsst mehr bieten, als nur Fragen“, sagte sie mit einer Stimme, die wie das Rauschen eines entfernten Stroms klang.
„Wer seid ihr?“, fragte Kai.
„Ich bin Artamira“, antwortete sie ruhig. „Eine Hüterin der Zeit und des Wissens. Euer Weg führt euch durch viele Zeitalter, aber bevor ihr weiterzieht, müsst ihr verstehen, was ihr in euch tragt.“
„Was wir in uns tragen?“ Wiederholte Solan nachdenklich. „Das Omnifaktum, Die Zeitenwelle, die Chronosstakala, und den Ring der Zeit…“
„Ja“, bestätigte Artamira. „Die „Artefakte der Zeit und der Macht“ sind mehr als nur ein Schlüssel. Es sind die Artefakte, das die Träger mit der Fähigkeit ausstattet, die Zeit selbst zu beeinflussen. Doch ohne die wahre Erkenntnis werden die Artefakte seine Kraft nicht offenbaren.“
„Was sollen wir tun?“, fragte Lyra, die spürte, dass sie vor einer weiteren Prüfung stand.
„Stellt euch den Geistern der Vergangenheit“, sagte Artamira und hob eine Hand. „Nur wer die Schatten der Geschichte versteht, wird das wahre Potenzial der Artefakte erkennen.