Ah, der Kollege, der niemals richtig arbeitet, aber immer der Erste ist, der dir weismachen will, wie der Hase läuft – und das auf eine Art, die einem das Gefühl gibt, als ob er der Einzige in diesem Büro ist, der das Geheimnis des Lebens kennt. So ein Mensch braucht keine Aufgaben, er braucht nur einen guten Platz am Kaffeetisch und eine fette Portion Selbstüberschätzung. Und der Beste daran? Du bist der gute Samariter, der ihm jedes Mal zuhört, als ob du die letzte Person auf Erden bist, die es wagen würde, diesem vermeintlichen Genie zu widersprechen.
Lass uns das Szenario etwas präziser zeichnen. Du sitzt, wie immer, an deinem Schreibtisch, der, nicht zu vergessen, fast schon ein Schrein deiner Disziplin ist. Der Bildschirm flimmert vor sich hin, das Licht der Neons sind der einzige Grund, warum du nicht in einer endlosen Dämmerung verloren gehst. Und dann – er tritt ein. Der „Experte“. Trägt natürlich seine Standarduniform: eine an den Ellenbogen abgewetzte Jeansjacke, die man vermutlich auf dem Flohmarkt für ein paar Cent gekauft hat, ein T-Shirt mit irgendeinem „Witz“, den noch niemand wirklich verstanden hat, und Sneaker, die eindeutig mehr in der Schublade des persönlichen Schicksals hätten bleiben sollen. Aber er ist da, und das bedeutet, dass du in den nächsten zehn Minuten seinen neuesten Vortrag über das „Wahre Management“ hören wirst.
Er setzt sich dir gegenüber, lehnt sich zurück, als ob er sich in den Vorsitz einer Weltregierung katapultiert hätte und beginnt – fast ohne einen Funken Ironie – damit, dir zu erklären, wie die „wirklichen“ Sachen laufen. Natürlich spricht er in einem Ton, der dir suggeriert, dass er jeden CEO dieser Welt um den Finger wickeln könnte, wenn er nur wollte. Du nickst, ja, du nickst sogar viel zu enthusiastisch, um nicht als derjenige dazustehen, der gegen die Weisheit des Universums ankämpft.
„Du verstehst das nicht, oder?“ fragt er, als ob du die Grundlagen der Gravitation infrage stellst, nur weil du es gewagt hast, eine andere Meinung zu haben. Und du? Du nickst wie ein braver Hund, obwohl dein inneres Mantra „Ich habe ihn nur als Sponsor für sein Selbstbewusstsein“ immer lauter wird.
Aber hey, was würde man tun ohne ihn? Ohne diese kostbaren, unverlangten Ratschläge, die einem nicht nur das Gefühl geben, in einer Management-Schulung von 1995 zu sitzen, sondern auch eine Entschuldigung dafür liefern, dass der Rest der Arbeit auf deinen Schultern lastet. Denn seien wir ehrlich: Er hat noch nie eine tatsächliche Aufgabe bekommen. Kein Projekt, kein Arbeitsbereich. Dafür aber unendlich viele Ideen, die du niemals in die Realität umsetzen musst.
Du versuchst, dich zu konzentrieren. Der Kaffeebecher in deiner Hand fühlt sich schwerer an als gewöhnlich, als ob er mit der Last seiner eigenen Unwichtigkeit zu kämpfen hätte. Der Kaffeeküchengeruch – dieser unschuldige, beruhigende Duft – wird plötzlich unangenehm. Es fühlt sich an, als würdest du in einem endlosen Zyklus von „Ich habe es dir doch gesagt“ gefangen sein, der nie endet. Und was tun, um ihm zu entkommen? Die Flucht in den „Ich-stimme-zu“-Modus, ein Meisterwerk des minimalistischen Überlebens, in dem du deine Worte wie ein alchemistisches Elixier der Geduld aussuchst.
„Ja, das ist wirklich ein cleverer Ansatz“, sagst du, und in deinem Kopf hast du schon den nächsten Kaffee bestellt, um den bitteren Nachgeschmack dieses Gesprächs zu verdauen.
Du kannst es förmlich hören: das sonore Brummen seines Monologs, der sich immer weiter ausdehnt, als ob der Raum sich in einer Art kosmischer Blase vergrößert. Du fühlst dich wie in einer Zeitkapsel, in der du der unwichtigste, aber gleichzeitig der „bestenfalls Zuhörer“ bist. Und am Ende des Gesprächs, der magische Moment, in dem er sich verabschiedet – wie der Lehrer, der nach einer endlosen Stunde den Raum verlässt und dir das Gefühl gibt, du hättest nie wirklich den Unterricht gehört.
Und so verlässt er den Raum, mit der Überzeugung, dass er dir gerade die Erleuchtung gebracht hat, und du bleibst zurück – erschöpft, amüsiert und ein wenig stolz darauf, dass du es ohne einen einzigen kritischen Kommentar überlebt hast. Du seufzt innerlich, schüttelst den Kopf und weißt tief im Inneren, dass der wahre Sieger dieses Gesprächs nicht er ist, sondern du – weil du das System durchschaut hast.
Der Tag zieht dahin. Der Kaffee in deiner Hand wird immer kalter, aber dein Blick ist fest auf das Ziel gerichtet: Diese Arbeitswoche noch zu überstehen, ohne dass sich deine mentale Gesundheit auf Dauer verabschiedet. Und der Kollege? Nun, er wird weiterhin über die „wahren Geheimnisse des Erfolgs“ plaudern, bis jemand anderes endlich genug hat, ihn zur Ruhe zu bringen. Aber nicht heute. Nicht in deiner Runde.
Denn, seien wir mal ehrlich: Jemand muss ja den Job machen.
Und das bist – wie immer – du.
„Manche Menschen brauchen keine Aufgaben, sie brauchen nur ein gutes Publikum.“
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