Das Omnifaktum – Die Prüfung des Feuers und der Chronoskala

Purple Lighting Quote Wallpaper (1)
Lesedauer 4 Minuten

Kapitel 13: Die Prüfung des Feuers und der Chronoskala

Die Flammen loderten wie eine entfesselte Bestie, gierig nach jeder Faser der Luft, die sie in glühende Lava zu verwandeln schien. Kai spürte die sengende Hitze an seiner Haut, die beinahe zu glühen begann. Mit einer flüssigen Bewegung zog er sein Schwert, dessen Klinge sich in ein blendend leuchtendes, glühend schimmerndes Stück babylonischen Stahls verwandelte. Doch die Flammen verlangten mehr als bloße körperliche Kraft.

„Wir müssen zusammenarbeiten!“, rief Solan, seine Stimme voller Dringlichkeit. Seine neue prunkvolle babylonische Tunika reflektierte das Licht der Flammen in schillernden Mustern. Die Gewänder hatten sich der Zeit angepasst, doch die Ruhe in seinen Augen verriet ein tiefes Verständnis für die bevorstehenden Herausforderungen.

„Es reicht nicht, die Flammen zu bekämpfen“, murmelte Lyra, die dicht neben ihm stand. Ihr feiner grauer Umhang, gewebt aus leichtem Stoff, erinnerte an die Gewänder der Priester aus der alten Zeit. „Wir müssen sie verstehen. Wir müssen das Feuer beherrschen – mit unserem Geist.“

Kai nickte, während die Hitze durch jede Pore seines Körpers drang. Doch tief in seinem Inneren flammte eine andere Art von Feuer auf, ein unbändiger Wille. Er wusste, was zu tun war. Mit einem entschlossenen Blick hob er die Hand, und ein Moment der absoluten Konzentration folgte. Er spürte, wie sich die Flammen in ihm vereinten – er wurde selbst Teil des Feuers.

„Es geht nicht nur um Kontrolle“, erklärte Belimor, der Priester, mit leiser, beinahe ehrfurchtsvoller Stimme. „Es geht um Hingabe. Ihr müsst euch dem Feuer hingeben, ihm vertrauen, ohne Furcht und Zweifel.“

Mit einem tiefen Atemzug trat Kai vor. Die Flammen umschlangen ihn wie ein lebendiger Mantel, doch anstatt ihm zu verbrennen, flossen sie um ihn herum, schienen ihn zu umarmen. Die Luft verdichtete sich, der Raum verwandelte sich in eine Sphäre aus Glut und Licht. Kai bewegte sich, als wäre er eins mit dem Element.

„Der Weg des Feuers ist nicht der des Kampfes, sondern der des Annehmens“, flüsterte Lyra, die jetzt dasselbe spürte. Sie streckte ihre Hände aus, und die Flammen schmiegten sich sanft an ihre Haut, tanzten mit graziler Eleganz. Sie wusste, dass sie nur ihre Angst loslassen musste. Sie durfte sich nicht von den Flammen beherrschen lassen.

Langsam verblassten die Flammen, als hätte der Raum selbst die Glut absorbiert. Zurück blieb ein mystischer, leuchtender Kristall, der in der Luft schwebte und die Umgebung in ein sanftes, goldenes Licht tauchte. „Es ist vollbracht“, sagte Belimor und ein seltsames Lächeln glitt über sein Gesicht, das halb hinter einer kunstvollen Maske verborgen war.

Doch kaum hatten sie die Erleichterung überstanden, begann der Tempel um sie herum zu vibrieren, als wäre eine unsichtbare Macht am Werk. Ein gleißendes Licht durchbrach die Decke und hüllte die Gruppe ein.

„Bereit für die zweite Prüfung?“, fragte Aristarchos, dessen Gestalt plötzlich aus dem Nichts erschien. „Die Prüfung des Wassers erwartet euch.“

Die Wände begannen zu schmelzen, als ob ein gigantischer Ozean sie durchdränge. Die Luft wurde feucht, und eine erste Welle schlug wie ein Tsunami auf sie ein. Inmitten des Chaos spürte jeder von ihnen, wie sich etwas veränderte.

Ihre Gewänder hatten sich erneut verwandelt. Statt der leichten Tuniken trugen sie jetzt funktionelle Rüstungen aus Leder und Schuppen, die robust genug schienen, jedem Element zu trotzen. Ihre Waffen waren ebenso transformiert: Solans Dolch glänzte nun als scharfer Obsidianstachel, Lyra’s goldenes Armband funkelte wie ein Licht in der Dunkelheit, und Kai’s Schwert wurde von einer schimmernden Flüssigkeit umhüllt, die pulsierte wie lebendiges Wasser.

„Der Wasserspiegel steigt“, rief Solan, als er die Wellen beobachtete. „Aber wie sollen wir uns ihm stellen?“

„Die wahre Prüfung“, sagte Aristarchos mit ernster Stimme, „besteht darin, nicht gegen das Wasser zu kämpfen, sondern eins mit ihm zu werden. Widerstand wird euch untergehen lassen.“

Kai’s Gedanken rasten, während das Wasser weiter stieg. „Es ist wie die Chronoskala“, murmelte er nachdenklich. „Man kann nicht gegen den Strom schwimmen. Man muss ihn verstehen, ihn als Verbündeten akzeptieren.“

Der Raum begann sich in einen riesigen, strudelnden Wasserstrom zu verwandeln. Die Gruppe bewegte sich vorsichtig durch das Schuldertiefe Wasser, das mit jeder Bewegung ihre Fähigkeiten testete. Doch während sie fortschritten, spürten sie eine merkwürdige Resonanz. Das Wasser schien auf Lyras Armband zu reagieren, dessen glänzende Oberfläche ein geheimnisvolles Licht ausstrahlte.

„Es ist der Zeitenstrom“, sagte Lyra mit entschlossenem Blick. „Das Armband weist uns den Weg.“

Kai trat vorsichtig voran. Mit jedem Schritt schienen die Wellen weniger bedrohlich, bis sie schließlich völlig verstummten. Ein Moment absoluter Harmonie – und der Raum kehrte zur Stille zurück. Die Prüfung des Wassers war bestanden.

Doch ihre Reise war noch nicht zu Ende. Aristarchos trat erneut vor, sein wissendes Lächeln hatte etwas Beruhigendes und zugleich Beunruhigendes. „Das war erst der Anfang. Die wahre Macht der Chronoskala liegt nicht nur in der Beherrschung der Elemente. Sie ist das Tor zu den tiefsten Geheimnissen der Geschichte – und auch zu jenen, die in Vergessenheit geraten sind.“

Plötzlich begann sich der Boden unter ihnen zu drehen, und die Luft füllte sich mit einer seltsamen Energie. Sie waren nicht mehr in Babylon, nicht mehr in einem Tempel der Antike. Der Raum verwandelte sich, nahm Formen an, die jenseits ihrer Vorstellungskraft lagen. Ein Ort, der zugleich fremd und vertraut wirkte.

„Die Chronoskala“, flüsterte Lyra, während das Armband an ihrem Arm heller leuchtete als je zuvor. Es begann zu pulsieren, verschmolz mit dem Artefakt der Chronoskala und bildete ein neues, machtvolleres Objekt.

„Dies ist der wahre Schlüssel“, sagte sie. „Der Schlüssel zu allen Geheimnissen der Vergangenheit und der Zukunft.“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert